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Kommentar: Berlin leidet unter Tegel

Berlin-Schönefeld

Die Thematik um die Berliner Flughäfen wird ja seit einiger Zeit deutschlandweit diskutiert. Einerseits ist das Debakel mittlerweile zur nationalen Peinlichkeit geworden, andererseits ist der BER symboltauglich für die Berliner Politik der vergangenen Jahre, die ja zu einem nicht kleinen Teil über den Länderfinanzausgleich finanziert wird. In den überregionalen Medien wird dabei oft kaum erwähnt, wie sehr Berlin und Brandenburg eigentlich unter den BER-Verspätungen, dem zukünftigen BER und aktuell noch dem Weiterbetrieb Tegels leiden.

Berlin-Schönefeld
Berlin-Schönefeld

BER in allen Belangen unterdimensioniert

Vergessen wir mal all die Verspätungen, Korruptionsfälle und sonstigen Peinlichkeiten. Wenn der neue Flughafen irgendwann mal offen ist, ja selbst jetzt schon wäre er für Berlin völlig unterdimensioniert. An den beiden Berliner Flughäfen werden aktuell schon weitaus mehr als 25 Millionen Passagiere pro Jahr abgefertigt. Für diese Zahl wurde der BER aber ausgelegt.

Zwar haben die Planer Erweiterungsmöglichkeiten wie das Satellitenterminal vorgesehen, aber in der Ausführung der Baumaßnahmen fehlte es wieder an Weitsicht: Die beiden Terminalgebäude sollen über einen Tunnel verbunden werden, welcher parallel zum Eisenbahntunnel unter dem Vorfeld liegen soll. Da der unterirdische Bahnhof schon längst gebaut wurde, wäre es leicht gewesen, den zweiten Tunnel für das Satellitenterminal zumindest als Rohbau mitzubauen. Das wurde aber versäumt, sodass wahrscheinlich schon zur Eröffnung das halbe Vorfeld wieder aufgerissen werden muss.

Den Billigfliegern, die aktuell in Schönefeld beheimatet sind, ist der neue Flughafen eh zu teuer. Flugs wurde der Nordpier am BER etwas länger gebaut und als Billigfliegerterminal umfunktioniert. Das erinnert schon wieder an das Terminal C in Tegel, wenn auch wenigstens architektonisch konsistent. Warum lässt man nicht easyjet und Ryanair weiter ab SXF fliegen? Ach ja, das Regierungsterminal…

Dann wäre da noch die Anbindung. Auf dem Papier sieht’s ja gut aus: Autobahn, Regional- und Fernbahnhof sowie die Berliner S-Bahn und ein paar Buslinien. Ich verkneife mir an dieser Stelle mal die Kommentare zur Berliner S-Bahn, aber die Bahnanbindung in die Innenstadt ist schon jetzt gut ausgelastet. Sowohl DB Regio als auch die S-Bahn haben bereits verlauten lassen, man könne keine dichteren Takte anbieten, u.a. wegen Kapazitätsengpässen zwischen Grünauer Kreuz und Ostkreuz, wo neben den Flughafenzügen auch die Verbindungen nach Zeuthen, Königs Wusterhausen und weiter nach Brandenburg zusammenlaufen. Die U7 verlängern? Wird kategorisch abgelehnt. Ich wage mal eine Prognose: Die Flughafenzüge werden extrem voll. Auch die Stadtautobahn ist zu Stoßzeiten jetzt schon hoffnungslos überlastet. Die A113 ist wegen Baumängeln quasi zur Dauerbaustelle geworden, der Begriff „Dreieck Neukölln“ sollte in keinem Stauinfo-Bingo fehlen und in Richtung Alboinstraße, Hohenzollerndamm und Dreieck Funkturm wollen wir uns erst gar nicht bewegen. Auch das wird mit dem BER noch spaßig.

Berlin-Tegel Terminal C
Berlin-Tegel Terminal C

Tegel hält die wirtschaftliche Entwicklung zurück

Ich verstehe ja die Argumente für einen Weiterbetrieb Tegels. Als Flughafen der kurzen Wege ist er für europäische Punlt-zu-Punkt-Verbindungen nicht unangenehm. Aus der westlichen Innenstadt ist Tegel trotz mangelhafter Anbindung an den ÖPNV ganz gut zu erreichen. (Täglich nehmen tausende Touristen mit sperrigem Gepäck den X9er Bus, um am U Jakob-Kaiser-Platz in die U-Bahn umzusteigen, wo statt Fahrstühlen oder Rolltreppen nur sehr verwinkelte normale Treppen vorhanden sind…)

Dennoch: Tegel eignet sich zum Betrieb eines Drehkreuzes allein schon baulich überhaupt nicht. Im Terminal A gibt es Sicherheitskontrollen an jedem Gate, Lounges nur landside. Wer will denn dort umsteigen? Im Terminal C hat man diese Problematik zwar nicht, aber das Gebäude ist eine Beleidigung für die Augen. Dazu kommt noch, dass Tegel eigentlich schon weit über seinen Kapazitätsgrenzen betrieben wird, und das gilt auch für das Terminal C. Vielleicht merkt man das nicht an fehlenden Quadratmetern im Terminal, aber es fällt definitiv auf: Beispielsweise am Gepäckhandling oder auch am Groundhandling. Wieviele Air Berlin Flüge verspäten sich täglich, weil für das gesamte Terminal C wieder nur ein Pushback-Truck im Betrieb ist?

Apropos Air Berlin, was wollen die nochmal? Ach genau, ein Drehkreuz betreiben. Umsteigepassagieren ist es nämlich ziemlich egal, ob der Flughafen nun schön zentral gelegen ist oder irgendwo im tiefsten Brandenburg in der Wallachei steht. Berlin hätte sich hier gegenüber Düsseldorf als kostengünstiger, moderner Drehkreuzflughafen profilieren und durchsetzen können. Stattdessen schwenkt Air Berlin ihren Drehkreuzbetrieb immer mehr in Richtung Düsseldorf. Die neuen Direktverbindungen nach Los Angeles und San Francisco werden wegen chaotischer Zustände in Tegel gleich wieder eingestellt. Air Berlin wirbt weiter mit ihrem USA-Angebot, welches schon bald wohl hauptsächlich ab Düsseldorf geflogen wird. Selbst New York wurde ab Berlin auf eine tägliche Verbindung zurückgeschraubt. Dabei wäre eine gesunde, starke Air Berlin ein riesiges Plus für die Berliner Wirtschaft. Berlin schießt sich mal wieder ins eigene Knie.

Fazit

Der BER wird viel zu klein, Tegel schadet der Berliner Wirtschaft. Wenn Tegel offen bleiben soll, dann doch bitte als Low-Cost-Airport mit europäischen Direktflügen. Dann kann Air Berlin am BER endlich ein richtiges Drehkreuz betreiben, was auch die Zubringer zum BER entlasten sollte. Dazu muss der Flughafen aber erst einmal fertig werden. In Berlin spricht man wohl schon von 2020…

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Ein Kommentar

  1. Der Warnstreik der Kabinengewerkschaft Ufo wirkt sich auch auf den Flugbetrieb in Berlin-Tegel aus. Jeweils 22 Ankunfte und Abfluge der Airline Eurowings sind am Sonntag ausgefallen, wie aus den Online-Fluginformationen der Flughafengesellschaft hervorgeht. Das sei mehr als die Halfte der geplanten Verbindungen, sagte eine Flughafensprecherin.

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