Wie Low Cost Airlines in den Langstreckenmarkt eindringen
Im innereuropäischen Verkehr machen Low Cost Airlines wie Easyjet, Ryanair und Vueling den etablierten Netzwerkcarriern schon länger das Leben schwer. Während die Konkurrenz für einige Fluglinien wie Alitalia existenzbedrohend ist, haben sich andere Airlines mit eigenen Billigablegern bisher erfolgreich gewehrt. IAG, dem Mutterkonzern von British Airways und Iberia, gehört zum Beispiel die spanische Airline Vueling, während die Lufthansa mit Eurowings große Pläne hat. Auch Air France KLM hat mit Transavia einen Low Cost Carrier in der Gruppe.
Der erbitterte Konkurrenzkampf hat sich spätestens seit dem Einstieg Norwegians in den Transatlantikverkehr auch auf die Langstreckenflüge ausgeweitet. Die Norweger fliegen mit werksneuen 787 ab London-Gatwick und einigen Städten in Skandinavien hauptsächlich in die USA. Mit den neuen 737MAX werden auch kurze Transatlantikflüge ab Irland und Schottland an die Ostküste bedient – anscheinend lohnen sich so auch verkehrsschwache Routen wie Shannon nach Providence.
Einen großen Vorteil haben die Netzwerkcarrier bisher gehabt: Ihr Netzwerk mit einer Vielzahl an Anschlussflügen an beiden Enden der Langstrecke. Davon profitieren auch deren Billigableger. Bei Eurowings wird das Zubringerkonzept der Konzernmutter schon etwas länger angewendet, während Vueling nun IAGs neue Langstreckenmarke LEVEL mit Hub in Barcelona füttert. Sicherlich profitiert man vom Know-how und der Infrastruktur der entsprechenden Mütter, steht sich aber dank verschiedener Hubs und Zielgruppen nicht direkt auf den Füßen.
Mittlerweile zieht die Konkurrenz dort aber nach: Air Europa lässt sich in Madrid seit Mai von Ryanair füttern und Norwegian geht eine Kooperation mit Easyjet ein, die London-Gatwick als Umsteigepunkt etablieren soll. Die Bündnisse richten sich klar gegen Eurowings und Vueling/LEVEL, sind aber in der Umsetzung noch lange nicht so ausgereift. Easyjet und Norwegian bieten mit ihrer Gatwick-Operation nicht einmal gemeinsame, durchgehende Tarife an. Stattdessen kauft man über Easyjet zwei einzelne Tickets, die dann über den Service Gatwick Connects vor Verspätungen etc. „geschützt“ sind. Es gelten weiterhin die unterschiedlichen Gepäckbestimmungen, SItzplatzreservierungen etc. der einzelnen Carrier. Mit dem Interline-Abkommen wird zwar immerhin das Gepäck durchgecheckt, aber das können LEVEL/Vueling und Eurowings (noch) deutlich besser.
Fazit
London-Gatwick bietet sich aufgrund der geografischen Lage als Umsteigepunkt in Richtung USA an (für viele Mitteleuropäer jedenfalls mehr als Barcelona), aber gerade im Hinblick auf die komplizierte Handhabung ohne abgestimmte Gepäckregelungen usw. halte ich das Angebot im Moment nicht für konkurrenzfähig. Dennoch bin ich mir sicher, dass wir hier in den nächsten Jahren einen erbitterten Konkurrenzkampf um Marktanteile im Transatlantikverkehr sehen werden. Mit JetBlue hat ja auch eine US-amerikanische Low Cost Gesellschaft bereits Interesse an Transatlantikflügen bekundet. Es bleibt also spannend.