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Persönliche Erfahrungen mit dem Coronavirus

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Ein Reisebericht aus meiner Wohnung!

Ja, ich bin mir bewusst, dass heute der 1. April ist. Den meisten Leuten ist allerdings nicht so nach Scherzen und selbst Virgin Australia, die sonst immer recht lustige Aprilscherze machen, beschränken sich derzeit auf das Verteilen von überschüssigem Toilettenpapier an Hilfsbedürftige. Nun ja, dass momentan das Coronavirus in Europa wütet, hat sich wahrscheinlich herumgesprochen. Mein Wohnort Madrid ist besonders stark betroffen: Die offiziellen Zahlen stehen bei 30.000 Infizierten und knapp 4.000 Toten.

Ist den Zahlen zu vertrauen?

Ich vertraue den öffentlichen Zahlen insofern, als dass sie nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt werden. Allerdings wird in Spanien nur noch getestet, wer stationär behandelt werden muss oder wer für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung wichtig ist, mit besonderem Fokus auf Personal im Gesundheitssektor. Selbst dort kommt man aber mit dem Testen nicht mehr nach: Es wird geschätzt, dass sich aktuell knapp 5.500 Krankenhausmitarbeiter und Angestellte des öffentlichen Rettungsdienstes SUMMA 112 in Quarantäne befinden:

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Allein 900 Mitarbeiter der größten Krankenhauses in Madrid, Gregorio Marañón, befinden sich in Quarantäne. Wenn einen das Glück verlässt, kommt leider meistens auch noch Pech dazu: Die spanische Regierung hatte es tatsächlich geschafft, eine Großbestellung für Schnelltests aufzugeben. Diese sollten eigentlich seit letzter Woche großflächig eingesetzt werden. Leider hat sich aber herausgestellt, dass die Tests nicht funktionieren und die chinesische Firma, bei der die Bestellung erfolgte, gar keine Lizenz hat. Oh man.

Wie ist das Leben in Madrid?

Das öffentliche Leben ist schon seit mehr als drei Wochen komplett tot. Die Zentralregierung hat die Maßnahmen inzwischen noch einmal verschärft. Seit Montag ist jegliche wirtschaftliche Aktivität, die nicht zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung notwendig sind, untersagt (ausgenommen unter anderem Energieversorgung, Telekommunikation, Supermärkte, Apotheken und natürlich Krankenhäuser, Polizei, Feuerwehr usw. sowie deren Versorgungsketten). Home Office ist natürlich weiterhin möglich, aber alles andere ist verboten.

Schon seit dem 14. März gilt in Spanien der Alarmzustand. Man darf seinen Wohnort nur noch verlassen, um zur Arbeit oder zum Supermarkt zu gehen. Ein paar Ausnahmen wie z.B. zur Pflege Angehöriger oder Gassigehen gibt es natürlich, aber im Vergleich zu anderen Ländern ist die Quarantäne in Spanien sehr strikt. Bei Zuwiderhandeln droht eine Strafe von mindestens 100€ bis maximal 30.000€. Bisher sind 216.326 Delikte geandet worden (Stand: 30.03.2020). Anscheinend wird das Strafmaß auch ausgeschöpft, wenn man sich trotz positiver Diagnose der Quarantäne widersetzt.

Die Situation in den Krankenhäusern ist sehr angespannt, auch der Arbeitsmarkt ist natürlich am Boden. Aktuell hat Spanien die höchste Arbeitslosenquote, die jemals im Land registriert worden ist, wobei ein hoher Anteil davon ERTE sind, d.h. temporär ruhende Arbeitsverhältnisse die nach der Quarantäne wieder aufgenommen werden. Iberia hat zum Beispiel knapp 90% der Belegschaft in ERTE gesetzt. ERTEs können von Firmen beantragt werden, wenn sonst wegen äußerer Umstände die Existenz des Unternehmens bedroht wäre. Wáhrenddessen übernimmt die Sozialversicherung die Lohnfortzahlung (gedeckelt auf 70%/1.400€ pro Monat).

Leere Straßen in Madrid
Leere Straßen in Madrid

Die Supermärkte wurden kurz vor Beginn der Quarantäne wie auch in anderen Ländern leergekauft, aber die Supermarktketten haben recht schnell für Nachschub gesorgt. Versorgungsengpässe gibt es nicht, zumal Spanien den Großteil der Lebensmittel im Inland produziert. In den Anfangstagen kamen die Supermärkte allerdings mit dem Nachliefern kaum hinterher, da die Supermärkte selber zumindest in Madrid wegen der Mietpreise k(l)eine Lager haben und somit teilweise jede Nacht beliefert werden. Aus dem Ausland importierte Ware wie Milka-Schokolade kann allerdings mal fehlen. 😉

Ich persönlich war höchstwahrscheinlich auch mit dem Virus infiziert. Ich hatte viel Kontakt mit zwei bestätigten Fällen (beides Ärzte) und lag ein paar Tage mit denselben Symptomen flach (Fieber, Husten und ein bisschen schwere Atmung). An der Corona-Hotline wurde mir allerdings nur empfohlen befohlen, die Wohnung für 14 Tage nicht zu verlassen und mich beim Rettungsdienst zu melden, falls es schlimmer werden sollte. Ist es Gott sei Dank nicht, und mittlerweile dürfte ich auch wieder zum Supermarkt. Manchmal muss man sich auch über die ganz kleinen Dinge freuen können…

In den letzten 14 Tagen bestand mein Sozialleben fast ausschließlich aus dem abendlichen Balkonapplaus mit den Nachbarn. Gegenüber wohnt eine Frau, die zum Applaus immer Geige spielt. Anfangs war es die spanische Hymne, dann zur Abwechslung die Europahymne, inzwischen sind wir bei klassischer Musik. Die Obdachlosen des Viertels glauben immer noch, der Applaus sei für sie, da sie ja die einzigen Menschen auf der Straße sind. Manche Menschen unterschreiben ihre Arbeits-Emails mit Quarantined regards, Socially Distant oder Please stay healthy. Man kommt sich vor wie in einem schlechten Film.

Auf dass sich die Situation schnell bessert…

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4 Kommentare

  1. War höchst wahrscheinlich infiziert, gleich wie die Grete? Alter, über sowas sagt man nicht höchstwahrscheinlich… Ja oder nein, Zwischendinger sind einfach nur dumm. Der Bericht ist auch eher muell, sorry

    1. Ich kann mangels verfügbarer Tests auch nur sagen, was mir von den Behörden am Telefon gesagt wurde. Mir wurde gesagt „höchstwahrscheinlich infiziert, zuhause bleiben“. Zumal ich mit einer positiv getesteten Person zusammenlebe und wir dieselben Symptome hatten. Grüße nach Österreich!

  2. einer mehr in dieser Hysterie und gewollten weltweiten Panikmache verfallener.
    Traurig wie sich die Menschen beeinflußen lassen.

    1. Oh man, hier in Madrid sind mehr als 1.400 Menschen nur mit Coronavirus auf der Intensivstation bei einer normalen Kapazität von 641 Betten – und es werden immer mehr. Es ist mir unbegreiflich, wie man hier von einer „gewollten weltweiten Panikmache“ sprechen kann.

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