Eindrücke aus Rincón del Mar, Kolumbien

Auf meiner Kolumbienreise habe ich die meiste Zeit an der Karibikküste verbracht. Von Medellín aus bin ich nach Cartagena geflogen, den Rückflug nach Medellín habe ich von Santa Marta in der Nähe des Nationalparks Tayrona angetreten. Dazwischen war ich in Rincón del Mar im Departamento Sucre. Rincón del Mar heißt auf Spanisch so viel wie Meeresecke, was den Ort auch gut beschreibt. Die Anreise kann ein bisschen abenteuerlich werden, denn die touristische Infrastruktur des kleinen Fischerdorfes ist rudimentär. Wenn man aber einmal da ist, wird man aber mit traumhaften Stränden und einer einzigartigen Gelegenheit zum Abschalten belohnt.

Wie kommt man nach Rincón?

Während die touristische Infrastruktur in den beliebten Karibikzielen wie Cartegena und Santa Marta gut entwickelt ist, ist Rincón del Mar zu weit von diesen Zentren entfernt, um davon zu profitieren. Die Gemeinde San Onofre liegt immerhin auf der Busroute, die Medellín mit Cartagena und anderen Städten an der Karibikküste verbindet. Die Busse der Gesellschaft Expreso Brasilia fahren sehr regelmäßig, tagsüber meines Wissens mindestens im Stundentakt. Die Fahrt dauert im besten Fall 2 Stunden, bei viel Verkehr oder Bauarbeiten (große Teile der Straße sind sehr baufällig) aber bis zu 4 Stunden.

Tickets können im Internet auf expresobrasilia.com oder am Ticketschalter der Haltestelle gekauft werden. Anscheinend bekommt man auf der Website einen kleinen „Frühbucherrabatt“, wenn ein paar Tage im Voraus bucht. Mit rund 20.000 COP (~5,48€) für eine Fahrt von Cartagena nach San Onofre ist das Preisniveau aber so niedrig, dass es am Ende kaum einen Unterschied macht. Mit eurem Onlineticket müsst ihr noch am Schalter der Buslinie einchecken, wo euch das Ticket auch proaktiv auf einen früheren Bus umgeschrieben wird, falls ihr zu früh erscheint. Nicht alle eingesetzten Busse sind gleich; einige Fahrten werden als Premium vermarktet und haben dann einen besseren Sitzabstand, WLAN und ein IFE-System wie im Flugzeug (mit mehr Auswahl als bei Iberia…).

In San Onofre gibt es nicht viel zu sehen. Um nach Rincón del Mar zu kommen, müsst ihr noch ein Motorradtaxi (Mototaxi) nehmen. Einige Hotels können nach Absprache auch Transfers mit einem SUV organisieren, aber ich habe mich mal für die etwas aufregendere Variante entschieden. Normalerweise kostet eine einfache Fahrt um die 10.000 COP (~2,74€). Bei Dunkelheit wird oft ein Aufschlag in Höhe von 5.000 COP verlangt, mitten in der Nacht wahrscheinlich noch mehr.

Da mein Bus um 18:30 in San Onofre ankam, musste ich 15.000 COP bezahlen. Die Fahrer stehen direkt an der Bushaltestelle und bieten proaktiv ihre Dienste an, sind aber nicht aufdränglich. Wie eigentlich überall in Kolumbien sind auch die Menschen in San Onofre und Rincón del Mar sehr gesprächig. Mein Fahrer, Merquis, wohnte in Rincón und wollte auf der letzten Fahrt des Tages noch ein paar Kleinigkeiten in San Onofre besorgen, da es in Rincón kaum Geschäfte gibt. Ihr findet dort zwar einige Restaurants, aber nur einen kleinen Lebensmittelladen und keinen Geldautomaten.

Nach einem kurzen Stop an der Apotheke hielten wir noch an einer Art Baumarkt, da er ein paar Kleinigkeiten für ein „Heimwerkerprojekt“, wie Merquis es nannte, holen wollte. Gedanklich war ich auf eine Tüte Schrauben oder einen Hammer eingestellt. Als er mit einem zu zwei Dritteln gefüllten Eimer weißer Farbe ohne Deckel aus dem Laden kam, war ich etwas verdutzt. Nun gut, ein Kinderzimmer streichen ist natürlich auch ein Heimwerkerprojekt. Merquis hatte mein Gepäck vor sich und ich hielt seinen Eimer Farbe. Let’s go!

Die Straße von San Onofre nach Rincón del Mar ist nur auf der ersten Teilstrecke, also vielleicht auf einem Viertel der Gesamtlänge, asphaltiert. Der Rest ist zwar befestigt, aber eben nur mit Sand. Die Fahrbahn besteht quasi zur Hälfte aus Schlaglöchern der übelsten Sorte. Auf der Rückfahrt sah ich einen LKW, der mit einer gebrochenen Hinterachse liegengeblieben ist. Merquis kannte die Strecke gut und umfuhr die Schlaglöcher so, dass ich mir nur gelegentlich Sorgen um mein Steißbein machen musste. Die Slalomfahrt auf der Sandstrecke bei Nacht war angesichts der Durchschnittsgeschwindigkeit von 60-70 km/h und dem Farbeimer in der Hand… Selbst nach fünf Minuten Überlegen fällt mir kein passendes Adjektiv ein. Tagsüber ist die Fahrt allerdings ganz nett, da sich zwischen San Onofre und Rincón del Mar viele Pferderanches befinden.

Den Checkpoint der Militärpolizei passierten wir nach einer kurzen Taschenkontrolle ohne Probleme. Bei der Ankunft in Rincón war ich ein bisschen eingestaubt und froh, endlich am Ziel zu sein.

Was kann man in Rincón erleben?

Rincón del Mar ist wie auch San Onofre und einige der Dörfer, durch die man mit dem Bus fährt, spürbar weniger entwickelt als Cartagena oder gar Medellín. Das Fehlen von in Europa üblicher Infrastruktur wie fließendes Wasser, asphaltierte Straßen usw. macht das auch sehr deutlich. Die meisten Häuser haben allerdings mit großen Wassertonnen auf dem Dach genug Wasser für Duschen, Waschbecken, WCs und sogar Waschmaschinen.

Elektrizität scheint flächendeckend vorhanden zu sein, allerdings wechseln die Hotels ständig ihre WLAN-Passwörter, da sonst das ganze Dorf das Netz nutzen würde.

Wie überall an der Karibikküste tragen die Menschen gerne das Trikot der kolumbianischen Fußballnationalmannschaft. Die sind übrigens vor Ort auch recht günstig zu bekommen. Ich habe für ein Trikot im offiziellen Adidas Store in Medellín umgerechnet 13,50€ bezahlt.

In Rincón werden eigentlich nur zwei touristische Aktivitäten angeboten: Bootsausflüge zu den nahegelegenen Inseln und Tauchkurse. Da das Dorf sehr schöne Strände hat, kann man aber auch einfach am Strand liegen und im Meer baden.

Viele Einwohner arbeiten in der Fischerei. Die lokalen Restaurants bieten daher eine Vielzahl an Fischgerichten an, die mit dem Fang des Tages zubereitet werden. Selbst für die teureren Gerichte muss man kaum mehr als 10€ bezahlen. Auch wenn viele Hotels und Restaurants einen eigenen Zugang zum Strand haben, ist der Strand selbst öffentlicher Raum. Sämtliche Restaurants sind daher vom Strand aus zugänglich. Im Umkehrschluss ist aber auch das Hotel vom Strand aus zugänglich und so fand ich mich ein mehrmals in der Situation wieder, Kindern mit ihren Mathe- und Englischhausaufgaben zu helfen. So fühlt man sich selbst im Paradies produktiv. 😉

Unterkünfte in Rincón del Mar

Viele Hotels gibt es nicht. Einige Unterkünfte sind Hostels, die auch Privatzimmer anbieten. Dazu gehört das Hostel Beach House, in dem ich übernachtet habe. Viel wird vom Hostel selbst nicht angeboten: Mit WLAN, einer Küche, Wäscheservice und Mitarbeitern, die Mototaxis usw. organisieren können, hat man aber alles, was man braucht. Dazu kommt noch der nett gemachte Außenbereich mit Hängematten und Tischen. An der Sauberkeit des Hostels gab es auch nichts auszusetzen.

Die meisten Restaurants am Strand bringen euch die Speisen übrigens auch zum Außenbereich eurer Unterkunft, wenn ihr danach fragt. Die Atmosphäre ist entsprechend entspannt.

Auch wenn Privatzimmer vielleicht etwas luxuriöser sind, sollte man wenigstens eine Nacht in dem Dorm Room in der obersten Etage verbringen. Dort schläft man nämlich an der frischen Luft…

Fazit

Rincón del Mar ist ein kleiner netter Ort an der Karibikküste Kolumbiens. Er liegt etwas abseits der bekannten touristischen Ziele und wird daher nicht in jede Reiseplanung passen. Wer aber ein bisschen am Strand entspannen und abschalten möchte oder einfach nur die lustige Anreise erleben möchte, ist hier richtig.