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Wie der Coronavirus Madrid lahmlegt

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Mittlerweile hat wahrscheinlich jeder gemerkt, dass der Coronavirus in Europa angekommen ist. In Italien herrscht schon seit einigen Wochen Endzeitstimmung, worüber in den deutschen Medien auch ausführlich berichtet wird. Über die Situation in Spanien wird dagegen weniger geschrieben, auch wenn die Situation gerade in der Hauptstadt Madrid sehr angespannt ist.

Der Coronavirus in Madrid

In Spanien gibt es mehr als 5.700 bestätigte Fälle. Mit 3.000 Patienten und 130 Todesfällen ist Madrid mit Abstand am stärksten betroffen. Die wahre Zahl der Erkrankten liegt wahrscheinlich weitaus höher, denn:

  • viele bereits erkrankte Menschen haben noch keine Symptome oder werden nie welche zeigen und
  • die Testkits sind so knapp, dass nur noch Krankenhauspersonal und Patienten, die stationär behandelt werden müssen, getestet werden.

Zwar häufen sich auch im Baskenland und in Katalonien die Coronavirusfälle, jedoch scheint Madrid die treibende Kraft in Spanien zu sein. Die Metropolregion Madrid ist mit knapp 7 Millionen Einwohnern nicht gerade klein und ist politisch und wirtschaftlich das Zentrum Spaniens. Dazu kommt noch, dass der Flughafen Madrid-Barajas einen Großteil der Interkontinentalverbindungen auf der iberischen Halbinsel bedient.

Auch wenn Spanien kein föderalistisches Land wie Deutschland ist, gibt es Autonome Gemeinschaften wie Katalonien und die Comunidad Autónoma de Madrid (CAM), die Autonome Gemeinschaft Madrid. Im Gegensatz zu Berlin, das gleichzeitig Stadt und Bundesland ist, ist die Stadt Madrid eine Stadt in der CAM. Die CAM umfasst aber noch andere Städte wie Toledo und Getafe. Die Coronafälle in Madrid beziehen sich immer auf die CAM, nicht auf die Stadt Madrid selbst. Corona-Brennpunkte in der CAM sind neben Madrid vor allem Torrejón de Ardoz und Valdemoro, die hier auf der Karte rot markiert sind (hervorgehoben sind die Grenzen der CAM).

Karte, Text, Atlas

Als die Fallzahlen am Anfang der Woche nach oben schnellten, sind viele Anwohner Madrids reflexartig in das Umland geflohen. Gerade die Erholungsgebiete in der Sierra sind selbst heute noch so gut besucht, dass die Rettungsdienste der CAM auf Twitter nur schreiben: „So nicht, Madrid. So nicht.“.

Seit Dienstag gehen die Gerüchte um, dass die CAM in Quarantäne kommt. So einfach ist das allerdings nicht, denn laut der spanischen Verfassung hat jeder Bürger ein Recht auf Bewegungsfreiheit, was in Notfällen nur durch die Nationalregierung ausgesetzt werden kann. Die CAM hat aber sukzessive alle Schulen, Kindergärten, Unis und alle nicht essenziellen öffentlichen Einrichtungen geschlossen. Ab heute dürfen nur noch Supermärkte und andere lebenswichtige Geschäfte wie Apotheken öffnen.

Die Nationalregierung hat heute außerdem den Alarmzustand ausgerufen. Damit kann die Regierung folgendes tun:

  • Die Bewegungsfreiheit temporär einschränken. Das ist bereits geschehen. Ab sofort gilt im gesamten Land eine Ausgangssperre, d.h. man darf sein Haus nur zum Einkaufen und Arbeiten verlassen. Ausnahmen gelten für „Fälle höherer Gewalt“.
  • Privaten Besitz temporär beschlagnahmen. Das ist bisher noch nicht geschehen.
  • Immobilien in Privatbesitz temporär beschlagnahmen (außer Wohneigentum). Das ist bisher noch nicht geschehen, allerdings kann es passieren, dass manche Hotels temporär zu Krankenhäusern umfunktioniert werden.
  • Lebensmittel und andere lebenswichtige Güter rationieren. Auch das ist noch nicht geschehen und sowohl die Regierung als auch die Supermärkte versichern, dass es keine Versorgungsengpässe geben wird (gibt es bisher auch nicht).
  • Andere Maßnahmen ergreifen, um die Versorgung mit Lebensmitteln und anderen lebenswichtigen Gütern zu gewährleisten. Meinem Verständnis nach geht es hier vor allem um das Aufrechterhalten der Produktion und des Logistiksektors, die bisher aber noch nicht beeinträchtigt sind.

Die Regierung hat im Verlauf der Woche bereits wirtschaftliche Hilfen und kurzfristige Aufstockungen im Gesundheitswesen angekündigt. Die Regierung wird allerdings dafür kritisiert, dass noch am 8. März Großdemos zum Weltfrauentag stattfanden, die von den Regierungsparteien (PSOE und Podemos, in Deutschland etwa vergleichbar mit SPD und LINKE) unterstützt wurden. Die anwesende Ministerin für Gleichheit Irene Montero wurde am 12. März positiv auf COVID-19 getestet. Ihr Ehemann Pablo Iglesias, der Vizepräsident Spaniens, befindet sich deshalb derzeit in Quarantäne.

Meine Erfahrungen

Mir persönlich geht es gut. Allerdings hatte ich Kontakt zu bestätigten Fällen, weshalb ich mich schon vor der Ausgangssperre selbst in Quarantäne gesetzt habe.

Text, Im Haus, Schild, Boden, Laden

Abgesehen vom anfänglichen Sturm auf die Supermärkte sind momentan nur bestimmte Hygieneartikel wie Handseife und Toilettenpapier knapp. Das öffentliche Leben ist spätestens seit heute weitestgehend tot. Gearbeitet wird von zuhause, soweit es geht. Zumindest bei mir wirkt sich das auch sehr positiv auf die Produktivität aus…

In den Krankenhäusern ist die Lage laut Medienberichten allerdings sehr ernst. Zwar hat Spanien ein gutes Gesundheitssystem, allerdings ist man wie auch in Italien nicht für eine solche Pandemie gewappnet. Während gerade massenweise Masken nachgeliefert werden, fehlt es an Betten auf den Intensivstationen und Beatmungsgeräten. Es ist daher zu hoffen, dass die Ausgangssperre die Infektionskette durchbrechen kann, damit es nicht zu Zuständen wie in Italien kommt.

Auf Europa kommen schwierige Wochen zu.

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