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Fliegen Erklärt: Sind alle Flugzeuge eines Typs baugleich?

Easyjet

Wer schon einmal ein Auto gekauft hat, kennt das ja: Zwei Golfs sind selten gleich. Neben offensichtlichen Unterschieden wie Lack, Motor und Sonderausstattungen wie Klimaautomatik oder Ledersitzen gibt es je nach Baujahr kleinere Anpassungen und Verbesserungen. Diese können für den Fahrzeughalter unsichtbar sein, kommen aber bei Werkstattbesuchen immer mal wieder im Gespräch auf. Ein aktuelles Beispiel ist die Softwareversion der Motorsteuerung bei VW-Dieseln. Gibt es so etwas auch bei Flugzeugen? In diesem Teil der Reihe Fliegen Erklärt schauen wir uns an, wie sich zwei willkürliche Airbus A319 unterscheiden können.

Easyjet
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Wie modifiziert der Kunde das Flugzeug?

Die Unterschiede fangen gleich bei der Bestellung an. Ein Kunde stellt sich sein Flugzeug nämlich gemäß seinen Anforderungen zusammen. Bei einem Airbus A319 kann er zunächst einmal zwischen Triebwerken von CFM und IAE wählen. Bei der Entscheidungsfindung spielt neben den Leistungsdaten der Triebwerke auch eine Rolle, mit welchen Triebwerken bereits im Dienst stehende Flugzeuge ausgestattet sind. Um die Wartungskosten gering zu halten, ist man nämlich an einem möglichst großen Maß an Homogenität der eigenen Flotte interessiert. Das gilt auch beim Kauf von Gebrauchtflugzeugen (deswegen passen die ex-AB-A330 auch nicht in die Eurowingsflotte). Triebwerke werden in der Regel direkt vom Triebwerkshersteller inkl. Wartungsverträgen gekauft.

Viele Triebwerke werden in verschiedenen Leistungsstufen angeboten. Die Motoren sind dann zwar physisch oft baugleich, werden aber unterschiedlich geregelt, was je nach Flugprofil Vorteile bringen kann. Vielleicht habt ihr schon einmal Bezeichnungen wie A319-112 oder A319-114 gelesen. Die zweite Zahl gibt bei Airbus die Triebwerkskonfiguration an (111-115 ist CFM56 in verschiedenen Leistungsstufen, 131-133 ist IAE V2500 in verschiedenen Leistungsstufen). Bei Boeing wurden früher Costumer Codes verwendet, die dann die Gesamtkonfiguration des Flugzeugs einem Kunden wie Lufthansa zugeordnet haben.

Rolls-Royce Trent 1000 an der Boeing 787
Rolls-Royce Trent 1000 an der Boeing 787

Ein weiterer Punkt ist die Weight Variant. Diese werden einfach nur durchnummeriert (WV1, WV2…) und beziehen sich auf eine spezifisiche Kombination aus maximal zugelassenen Massen wie MTOW (Maximum Take Off Weight) und MLW (Maximum Landing Weight). Dabei muss das Flugzeug nicht unbedingt physisch anders sein, nur weil es eine andere Weight Variant ist. Oft ist der Unterschied nur die Zulassung auf dem Papier. Wer die laut Musterzulassung größtmögliche Abflugmasse nie brauchen wird, kann sich in der Zulassung seines A319 dann ein niedrigeres erlaubtes Gewicht eintragen lassen. Flughäfen und Flugsicherung berechnen ihre Gebühren nämlich oft auf Basis dieser Maximalmassen des einzelnen Flugzeugs. Manche Weight Variants haben allerdings in der Tat strukturelle Verstärkungen, um höhere Abflugmassen zu erlauben.

Dazu kommen noch SFEs und BFEs. SFE steht für Seller Furnished Equipment und bezieht sich auf alle Komponenten, die der Kunde auswählen kann, die aber direkt vom Verkäufer (Airbus) angeboten werden. Beispiele dafür sind Avionikbauteile, die man von Thales, Honeywell oder Rockwell Collins erwerben kann. Kabinenausstattungen, Galleys usw. können SFEs sein, wenn sich die Airline für eine Lösung aus dem Katalog entscheidet. Hier möchten viele Fluggesellschaften aber gerne individuelle Lösungen haben und kaufen Sitze, Galleys usw. als BFE (Buyer Furnished Equipment). Die Airline setzt sich also direkt mit dem Anbieter (z.B. Recaro für Sitze) in Verbindung und handelt die Details aus, ohne dass Airbus involviert ist.

Ein letzter wichtiger Punkt sind Sonderausstattungen. Viele Flugzeuge werden beispielsweise optional mit Head-Up-Displays im Cockpit angeboten. Die Liste der möglichen Sonderausstattungen kann aber sehr lang sein und Dinge wie Zusatztanks, ETOPS-Zulassung usw. beinhalten, hört aber längst nicht dort auf. Für genügend Geld bietet Airbus alles an, was technisch machbar ist. Ob das Spielereien wie ein Wasserfall im A380 oder etwas nützlichere Dinge sind, spielt keine Rolle. Easyjet hat sich für ihre A319-Flotte einen zusätzlichen Notausgang über dem Flügel einbauen lassen, um mehr Sitze einbauen zu dürfen. Hier tragen die Airlines dann in der Regel die Musterzulassungskosten, können dann aber von jeder anderen Fluggesellschaft, die das danach auch kauft, Geld verlangen.

Welche Modifikationen werden im Laufe des Flugzeuglebens gemacht?

Wenn das Flugzeug dann einmal ausgeliefert ist, werden im Rahmen von Wartungsarbeiten im Laufe der Jahre unzählige Modifikationen durchgeführt. Diese werden über Service Bulletins vom Hersteller kommuniziert. Die Bearbeitung der Service Bulletins kann verpflichtend (dann gibt es dazu eine entsprechende Airworthiness Directive der jeweils zuständigen Luftfahrtbehörde wie der EASA oder der FAA) oder freiwillig sein. Nicht verpflichtende Service Bulletins sind meist vom Hersteller vorgeschlagene Verbesserungen, während verpflichtende Service Bulletins eine Bearbeitungsfrist haben. Sind die Arbeiten bis dahin nicht erledigt, ist das Flugzeug nicht mehr lufttüchtig. Oft ist die Frist allerdings mehrere Jahre lang, sodass nicht alle Flugzeuge einer Flotte diese vorgeschriebenen Verbesserungen schon eingebaut haben.

Wenn man sich die A320-Flotte der Lufthansa anschaut, sieht man, dass die einzelnen Flugzeuge über eine Zeitspanne von fast 30 Jahren ausgeliefert worden sind. Die neueren Flugzeuge haben über die Jahre entwickelten Verbesserungen schon ab Werk eingebaut, wobei die Fluggesellschaft sich in einigen Fällen auch dafür entscheiden kann, diese Verbesserungen bei werksneuen Fliegern nicht einbauen zu lassen. Das kann in einigen Fällen sinnvoll sein, um die Homogenität der Flotte hoch zu halten. Jedenfalls hat beispielsweise die D-AIPA, die älteste A320 der Lufthansa, einen anderen Build-Stand (also Modifikationen usw.) als die neueren. Das wird seitens Airbus auch penibel dokumentiert. Anhand der Effectivity, also quasi der Seriennummer des Herstellers, wird jedes einzelne Flugzeug sein ganzes Leben lang verfolgt. In den Service Bulletins wird dann darauf zurückgegriffen. Manche Bulletins gelten nur für bestimmte Effectivities, während andere verschiedene Anweisungen je nach Effectivity geben. So kann ein Service Bulletin, wo eigentlich nur vier Manschetten gewechselt werden müssen, schnell 80 Seiten lang sein.

Germanwings A319
Prämienmeilen, Statusmeilen – was kriege ich denn nun?

Viele kleine Verbesserungen werden bei einzelnen Flugzeugen der Flotte gemacht, wenn es sich gerade anbietet, also wenn man für das Flugzeug eh irgendwo eine Liegezeit geplant hat und noch Zeit und Geld vorhanden ist. Größere Modifikationen können den Einbau neuer Kabinenausstattung, Winglets, Internet usw. beinhalten. Gerade bei Flugzeugen mit vielen absolvierten Flugzyklen kommen noch Pakete hinzu, die das Leben des Flugzeugs verlängern. Ein A320 ist ab Werk auf 45.000 Flugzyklen ausgelegt bzw. die Berechnungen garantieren, dass bis 45.000 Flugzyklen keine Probleme aufgrund von Strukturermüdung usw. eintreten. Erreicht ein Flugzeug diese Anzahl an Zyklen, kann man Pakete einbauen, die die maximal möglichen Zyklen erhöhen. In der Regel handelt es sich dabei um strukturelle Verstärkungen an den Punkten, an denen die Berechnungen über 45.000 Zyklen hinaus keine Garantien mehr geben konnten.

Fazit

Wie ihr seht, ist die Chance recht klein, dass zwei willkürlich gewählte A319 genau baugleich sind. Selbst innerhalb der Flotte einer Airline werden aufgrund der unterschiedlichen Bearbeitung der Service Bulletins viele verschiedene Bauzustände vorhanden sein. Das ist innerhalb einer Airline vor allem für die Wartung der Flugzeuge wichtig, kann aber auch die operative Planung beeinflussen: Ein A320, der schon auf 60.000 Zyklen verbessert wurde, wird eine höhere Leermasse haben. Das beeinflusst den Treibstoffverbrauch – manche Triebwerke verbrauchen auch einfach mehr als andere. Beim Gebrauchtkauf von Flugzeugen wird es dann nochmal spannend, wenn man nach Modellen mit bestimmten Triebwerken oder Ausstattungen sucht.

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