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Liegt die Zukunft des Inflight Entertainments in Streamingdiensten?

Singapore Airlines A380 Business Class

Hier am Boden sind die Kosten für Internetbandbreite mittlerweile absurd niedrig: Laut der amerikanischen Verbraucherorganisation BroadbandNow kostet eine Datenübertragung den Provider nur etwa $0.01/GB, mit ein wenig Spielraum u.a. für die gebotene Übertragungsgeschwindigkeit. Eine ähnliche Entwicklung lässt sich auch in der Luft beobachten: Immer mehr Airlines können bezahlbares WLAN mit guten Übertragungsgeschwindigkeiten und ohne Datenlimits anbieten. Kommen die am Boden so beliebten Musik- und Videostreamingdienste nun auch im Flugzeug an?

Airberlin Economy Class Entertainment (Serien)
Airberlin Economy Class Entertainment (Serien)

Wie IFE-Systeme heute funktionieren

Für eine Fluggesellschaft muss das eigene Inflight Entertainment (IFE) fast schon eine Last sein. Jeder Fluggast hat große Erwartungen, die kaum zu erfüllen sind, und für die Airline ist das System teuer. Manche Airlines geben 20 Mio. US-Dollar im Jahr nur für die Inhalte aus; die Lizenzkosten für einen beliebten Film können bis zu 90.000 US-Dollar betragen. (Dieser CNN-Artikel zu diesen Thema ist sehr interessant.)

Darin sind die Kosten für die nötige Hardware (Bildschirme, Kopfhörer, Server im Flugzeug) und für den Betrieb des Systems noch gar nicht eingerechnet. Irgendjemand muss schließlich die Inhalte auswählen, einkaufen und aufbereiten. Filme und Serien werden auf Wunsch der Airline nämlich oft zensiert und gekürzt. Bei einigen Fluggesellschaften hat das kulturelle und religiöse Motive: Saudia lässt beispielsweise Szenen mit zu viel nackter Haut, Alkohol, Schweinefleisch oder irgendwelchen sexuellen Anspielungen zensieren. Aber auch andere Airlines lassen einige Inhalte verändern oder gar gänzlich weg, um sich dem Fluggast in aktuellen und zeitlosen Streitfragen wie Religion und Politik als neutral zu präsentieren. An Bord sind daher risikofreie Inhalte wie Naturdokus und Kinderfilme oft stärker repräsentiert als man es erwarten würde.

Nun sind diese Dienstleistungen bereits heute in der Regel ausgelagert, kosten aber dennoch Geld. Selbst Teile der IFE-Systeme sind oft Whitelabel-Lösungen mit ein bisschen Branding, d.h. eine Firma stellt dieselbe IFE-Software verschiedenen Airlines zur Verfügung, die dann ihr gewünschtes Farbschema, Logo und Styling verwenden können. Gute Beispiele dafür sind die Airshow und Destination Guides. Große Firmen wie Panasonic liefern komplette IFE-Systeme mit Hardware und Software, arbeiten aber auch gerne zusammen mit der Airline an einer angepassten Lösung.

Singapore Airlines A380 Business Class
Singapore Airlines A380 Business Class

Liegt die Zukunft des Inflight Entertainments in Streamingdiensten?

Bereits heute haben einige Airlines Partnerschaften mit Streamingdiensten. Qantas bietet auf Inlandsflügen Netflix und Spotify an. Ab Freitag können Apple Music Kunden den Dienst auf American Airlines Flügen nutzen.

Welche Vorteile haben also Streamingdienste wie Netflix oder Spotify?

  • Der Passagier wird die Airline nicht mehr als verantwortlich für die Inhalte sehen. Netflix selbst hat außerdem bereits Jugendschutzfunktionen.
  • Der Passagier wird in seinen Erwartungen nicht enttäuscht, getreu dem Motto: Besser als Netflix am Boden kann man in der Luft ja kaum erwarten.
  • Die Airline kann ihre Ausgaben für IFE-Inhalte deutlich reduzieren, da der Streamingdienst die Lizenzen zahlt und die Inhalte auswählt. Der Streamingdienst finanziert sich in erster Linie über Abogebühren, weshalb die Airline im Endeffekt weniger Geld zahlen wird.
  • Eine solche Partnerschaft hat einen positiven Effekt für beide Marken. Die Airline kann ihren Passagieren damit bessere IFE-Inhalte anbieten und der Streamingdienst kann seinen bestehenden Kunden das Produkt an mehr Orten anbieten sowie an Bord neue Kunden dazugewinnen. Virgin America ging 2015 eine solche Partnerschaft mit Netflix ein. Netflix hat ähnliche Partnerschaften mit Aeromexico, Qantas und Virgin Australia aufgebaut und möchte in diesem Segment weiter wachsen.
  • Die Airline macht sich unabhängiger von fest verbauter IFE-Hardware. Streamingdienste lassen sich wunderbar auf Smartphones, Tablets und Laptops nutzen. Eine solche IFE-Lösung ist daher auch für Low Cost Carrier interessant, zumal WLAN mittlerweile auch bei vielen Billigfliegern angeboten wird.
Air Canada 787 Business Class
Air Canada 787 Business Class

Welche Herausforderungen gilt es noch zu meistern? Welche Nachteile gäbe es?

  • Airlines mit bestehenden IFE-Systemen können ihre Video- und Musikauswahl zumindest kurzfristig nicht komplett auf einen Streamingdienst umstellen. Schließlich hat nicht jeder Passagier ein Abo und solange es keine Lösung gibt, um die Inhalte für die Dauer des Fluges jedem Passagier kostenlos zur Verfügung zu stellen, wird kein Full Service Carrier sein IFE-System komplett streichen können.
  • Selbst wenn der erste Punkt gelöst wäre: Besonders wegen den vielen Exklusivinhalten wird jeder Passagier einen bevorzugten Streamingdienst haben. Die Debatte Netflix vs. Amazon Prime, Apple Music vs. Spotify etc. wird wie der ewige Streit über Coca-Cola vs. Pepsi enden. Und es soll durchaus Leute geben, die nicht zu KFC gehen, weil dort Pepsi serviert wird.
  • Die Airline verliert die Kontrolle über einen Bereich, der sich gut für den Verkauf von Werbeflächen und für Eigenwerbung nutzen lässt. Bei einigen Airlines wie Emirates basiert ja die Hälfte des Markenbilds darauf, dass deren Bordprodukt und insbesondere das IFE als stark überlegen vermarktet werden. Mit dem Wegfall des eigenen IFE würde man ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal verlieren. Inwieweit die Kosteneinsparungen diesen Effekt aufwiegen, wird die Airline prüfen müssen.
  • Trotz der schnellen und zuverlässigen Internetverbindung an Bord gibt es noch einige technische und rechtliche Herausforderungen, was internationale Flüge betrifft. Je nach Anbieter kann im Flugzeug nicht überall auf der Welt Internetzugang bereitgestellt werden. Unten seht ihr die Coverage Map für Uniteds Panasonic-System. Die Technik gibt zwar in den meisten Regionen eine Internetverbindung her, aber auf Flügen durch den Südpazifik wird es Funklöcher geben. In China und Indien wäre es zwar technisch möglich WLAN anzubieten, aber die jeweiligen Regierungen verbieten es leider.
  • Rechtliche Hürden könnte es auch für die Lizenzen der jeweiligen Streamingdienste auf internationalen Flügen geben.
United Airlines: Panasonic WLAN-Abdeckung (via https://www.united.com/ual/en/us/fly/travel/inflight/wifi.html)
United Airlines: Panasonic WLAN-Abdeckung (via https://www.united.com/ual/en/us/fly/travel/inflight/wifi.html)

Fazit

Der Vormarsch der Streamingdienste ist mittlerweile auch in der Flugzeugkabine angekommen. Ich persönlich finde es hervorragend, sein Abo auch an Bord nutzen zu können. Andererseits bin ich etwas skeptisch, was die Nutzung eines Streamingdienstes als vollwertigen Ersatz der Musik- und Videoinhalte des IFE-Systems angeht. Dieser Ansatz wäre aus meiner Sicht momentan nur für Low Cost Carrier denkbar.

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