Mein erster Flug nach dem Lockdown
Die letzten Monate waren sicherlich für alle etwas schwierig. Egal, ob man direkt vom Coronavirus betroffen war oder indirekt durch die Quarantäne, gespürt haben wir die Auswirkungen alle. In dieser Zeit ist in der Luftfahrt viel passiert, über das ich hätte schreiben können. Da ich die wirtschaftliche Situation der Branche in meinem Umfeld sehr deutlich sehen konnte, war mir danach aber nicht zu Mute. Jetzt kann ich aber über etwas schreiben, was sehr nach Normalität klingt: Ich habe einen Flug gebucht. Hurra!
Corona in Madrid
Wie ich in meinen zwei Beiträgen zur Quarantäne hier in Madrid schon berichtet habe, war die Stadt sehr stark vom Coronavirus betroffen und auch der Lockdown war um einiges härter als in Deutschland – ob das nun sinnvoll war, sei mal dahingestellt. Wir durften bis Mitte Mai nicht einmal alleine spazieren oder im Freien Sport machen. Langsam kehrt allerdings auch hier wieder die Normalität ein: Am 21. Juni wurde der Alarmzustand aufgehoben, sodass nun auch die Comunidad de Madrid in der Phase 3 bzw. der neuen Normalität angekommen ist. Damit gibt es also keine Ausgangssperre mehr und Restaurants und Geschäfte dürfen öffnen (immer noch mit Kapazitätsbeschränkungen, aber immerhin…). Als die ersten Geschäfte im Mai wieder öffnen durften, brauchte man bei Zara einen Termin. Wir machen also Fortschritte.
Langsam werden auch die Ereignisse während des Alarmzustands aufgearbeitet. Die vorläufigen Zahlen sagen etwa, dass in Madrid über 15% aller in sozialen Einrichtungen (also Wohnheime für Senioren, Behinderte und psychisch Kranke) lebenden Menschen im März und April verstarben. Nun wurden längst nicht alle Verstorbenen auf das Coronavirus getestet, und gerade in einem Altenheim kann man von einer höheren monatlichen Sterblichkeitsrate als anderswo ausgehen. Im Vergleich zu Zahlen aus dem Vorjahreszeitraum und im Vergleich zu anderen Regionen in Spanien wird aber deutlich, dass die meisten Todesfälle wohl auf das Virus zurückzuführen sind. In den 15,31% sind noch nicht mal die Fälle enthalten, die später im Krankenhaus verstorben sind – nur diejenigen, die im Wohnheim verstorben sind (bis Mitte April wurde in Madrid eine Triage angewendet: Personen über 75 Jahren wurden in den Krankenhäusern nicht aufgenommen). Zum Vergleich: In Galizien und Asturien lag die Sterblichkeitsrate im selben Zeitraum bei 3% bzw. 6% (jeweils inklusive Bewohner, die später im Krankenhaus verstarben). Aufzuarbeiten gibt es also einiges.
Urlaub in Berlin
Aber mal zurück zur Fliegerei! Da man ja jetzt wieder ohne Quarantäne reisen kann, werde ich noch im Juli nach Berlin fliegen und meine Familie besuchen. Nun war ja lange Zeit unklar, ob denn Tegel noch offen sein würde oder ob ich mich schon im Januar unbewusst verabschiedet habe, aber ich lande tatsächlich noch in Tegel. Allerdings ist die Flugsuche bei einigen Airlines zur Zeit etwas nervig, da der Flughafencode BER schon für den neuen Flughafen freigegeben ist, allerdings zeitgleich noch der Code für die Metropolregion ist (also Schönefeld und Tegel). Wer also bei Google Flights wie ich ohne nachzudenken immer BER als Code eingibt, kriegt derzeit keine Ergebnisse. Ich habe das auch erst nach einer Weile gemerkt und dachte bis dahin, es gäbe einfach keine Flüge.
So ganz falsch war meine Annahme allerdings nicht: Iberia fliegt meine Heimatstadt erst ab August wieder an. EasyJet macht in Berlin gerade einen großen Rückzieher und Ryanair war sich irgendwie auch nicht ganz klar, ob und wann sie denn nun fliegen. Außerdem hatte ich noch einen Voucher von Iberia, den ich bis zum Jahresende einlösen musste. Den Rückflug im August habe ich tatsächlich mit Iberia gebucht, aber für den Hinflug habe ich was ganz tolles gefunden…
Meine erste Idee war, mit Iberia nach München oder Frankfurt zu fliegen und von dort aus mit der Bahn weiterzureisen. Gegen die Bahn habe ich eigentlich nichts (auch mit der DB habe ich persönlich noch keine schlechten Erfahrungen gemacht), allerdings war ich mir nicht so ganz sicher, wie lange denn die Einreise in die Bundesrepublik dauert. Ohne Rail & Fly oder wie das heißt ist man da ja nicht geschützt, falls man den Zug verpasst. Zumal MUC selbst ja keinen Fernbahnhof hat und die Züge ab FRA ziemlich teuer waren.
Am Ende habe ich 7.500 Flying Blue Meilen eingelöst (und etwa 35€ zugezahlt) und einen Flug von Madrid nach Berlin über Paris gebucht. Air France zeigte auf der Buchungsseite zwar gefühlt zehn Millionen Warnhinweise an, dass man Atteste und Bestätigungen braucht, aber eine kurze Recherche beim Auswärtigen Amt und dem Innenministerium Frankreichs ergab, dass man als EU-Bürger in Frankreich problemlos durch- und einreisen kann und nur ein Formular ausfüllen muss. Meine Flying Blue Meilen hatte ich damals auf meinem Saudia Business Class Flug von Colombo nach Madrid gesammelt. Damals hatte ich noch ganz andere Pläne für die Meilen (irgendwas mit Langstrecke und Business Class mit einer Flying Blue Promo), aber in diesem Fall haben mir meine Meilen auf eine andere Weise geholfen. Kauftickets bei Air France wären weitaus teurer gewesen.
Fazit
Auch wenn derzeit in der Luftfahrt und im Touristiksektor noch lange nicht alles wieder normal läuft, freue ich mich sehr, dass ich wieder nach Berlin reisen kann. Touristisch gesehen ist die Reise für mich sicherlich nicht das Highlight, was ich mir von diesem Jahr erhofft habe. Ich denke, so schnell werden wir auch nicht zu diesem Lebensstil mit spontanen Reisen nach Asien zurückkehren. In Anbetracht der Situation ist es aber schon genug, mal wieder die Oma besuchen zu können. Außerdem gibt es in Spanien keine guten Döner.
Update zum Krankheitserreger in Spanien: Seit Sie dies geschrieben haben, sind 200.000 Menschen in Katalonien wieder gesperrt, ebenso wie Teile Galiziens gesperrt wurden, da die Covid-Pest wieder zugenommen hat. Wir erleben keine zweite Ansteckungswelle, aber wir sind immer noch in der ersten! Dieser Herbst wird sich gelinde gesagt als interessant erweisen. Sei vorbereitet.