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Der Flug wurde WESWEGEN gestrichen?!

Air Canada Q400 in Vancouver

Im April gab es einen Flash Sale, über den viel geredet wurde: Ab Oslo und anderen skandinavischen Städten waren Star Alliance Business Class Tickets zu verschiedenen Delta Hubs in den USA stark reduziert buchbar. Da musste ich einfach kurzerhand zuschlagen und ein Ticket nach Seattle kaufen. Ich habe schon ein Review der Air Canada Maple Leaf Lounge in London-Heathrow sowie einen Beitrag zur Boeing Tour und dem Future of Flight Aviation Center geschrieben. Erst kürzlich habe ich einen Beitrag zum Museum of Flight (Teil 1 und Teil 2) veröffentlicht. Den kompletten Reisebericht mit Reviews der Air Canada Business Class gibt es in Kürze.

Ich möchte aber schon einmal den Irrsinn teilen, den ich am Flughafen von Vancouver erlebt habe. Eins vorweg: Das ist kein „Rant“, wie man so schön sagt. Mir ist sehr wohl bewusst, dass Air Canada keine Schuld trifft. Die ganze Sache wurde professionell gehandhabt und mit ein bisschen Abstand kann ich darüber nur noch schmunzeln, aber an diesem Tag gingen glaube ich alle Passagiere dieses Fluges genervt zu Bett.

Air Canada streicht den Flug AC8101 wegen…

Es ging also um den Flug AC8101, der Teil meines Reiseplans wurde, als ich die längste Strecke in der 787 suchte, die für diese Fare buchbar war. Von London nach Vancouver sollte der Langstreckenflug gehen. Vorneweg der kurze Hüpfer von Oslo nach London mit SAS, hintendran der noch viel kürzere Hüpfer von Vancouver nach Seattle. Neben AC8101 trägt der Flug noch einige andere Flugnummern wie AC8099, aber eines haben alle gemeinsam: Eine Q400 befördert die zahlende Kundschaft die 127 Meilen von Kanada in die USA. Die angesetzte Blockzeit beträgt 55 Minuten, wobei man weitaus weniger als die Hälfte davon tatsächlich in der Luft ist.

Maps generated by the Great Circle Mapper - copyright © Karl L. Swartz.
Maps generated by the Great Circle Mapper – copyright © Karl L. Swartz.

Die Formalitäten für die Einreise in die USA werden dabei schon in Vancouver erledigt. In einem speziellen Teil des Terminals sind also Agenten der CBP stationiert, um die Passkontrollen durchzuführen. In den USA kommt man dann wie ein normaler Inlandsflug an. Neben den kanadischen Flughäfen gibt es noch ein paar weitere Flughäfen auf der Welt, die mit einer solchen Pre Clearance Facility ausgestattet sind. Dazu gehören beispielsweise Abu Dhabi und Dublin. In der Theorie spart man sich dadurch eine Menge Zeit, denn die Einreise in die USA kann echt lange dauern.

Auch in der Praxis klappt das normalerweise ganz gut, aber an diesem Abend sollte mir das Pre Clearance Gedöns zum Verhängnis werden. AC8101 sollte um 20:20 Richtung Seattle abheben. Der Inboundflug aus Seattle musste aber wegen Stau am Himmel über Vancouver in ein Holding gehen und ist sicher insgesamt länger in diesem Holding geblieben als der Flug normalerweise insgesamt gedauert hätte. Der Gate Agent hat mehrmals aufgrund von noch mehr Verspätung eine neue geplante Boardingzeit durchgesagt. Irgendwann wurde dann 21:10 prognostiziert. Gut, eine Verspätung von unter einer Stunde ist nicht schlimm. Blöd wird es nur, wenn inzwischen die Agenten der CBP Feierabend gemacht haben, denn nach AC8101 fliegt eigentlich nichts mehr los in Richtung USA. Wie wir dann am Gate belehrt wurden, gilt die erteilte Pre Clearance nur solange, wie die Agenten der CBP noch im Gebäude anwesend sind. Sobald sie gehen, können sie ja nicht mehr kontrollieren, wer sich im Terminal aufhält und das Flugzeug besteigt. Die Pre Clearance wurde also gestrichen und da man in Seattle anscheinend nicht für eine internationale Ankunft einer Q400 vorbereitet war, wurde auch der Flug gestrichen.

Wie Air Canada die Situation gelöst hat

Am Gate wurde uns gesagt, wir sollen wieder nach Kanada einreisen und uns am Air Canada Service Schalter im Check-in-Bereich melden. Der kanadische Grenzschutzbeamte wunderte sich etwas über die Geschichte und meinte, dass so etwas noch nie vorgekommen sei. Getreu dem Stereotyp entschuldigte er sich bei jedem Fluggast in der Schlange für die ungeplante Einreise in sein Land. Während ich am Schalter wartete, bekam ich eine Email von Air Canada, in der man mir mitteilte, dass ich auf den nächstmöglichen Flug am nächsten Morgen um 8:40 umgebucht worden sei. Der Teil hat ja schon mal gut geklappt. Am Air Canada Schalter wusste man zunächst nicht so wirklich, was los war oder wer verantwortlich war. Ein paar Minuten später kam eine Frau mit einer Infobroschüre über Flugverspätungen und -ausfälle. Da Air Canada nicht verantwortlich sei, müsse man keine Entschädigungen zahlen. Alle Partnerhotels seien ausgebucht. Uns wurde der Rat gegeben, einfach selber etwas zu buchen und später einen Claim einzureichen.

Um den Prozess zu beschleunigen, wurde uns eine Servicenummer gegeben (tatsächlich eine, wo direkt ein Mensch abnimmt). Die Dame am Telefon bestätigte mir, dass sie keine Hotels hätten, aber dass man sich nachträglich per Claim etwas zurückholen könne. Eine andere Möglichkeit wäre gewesen, noch am selben Abend mit einem Mietwagen nach Seattle zu fahren – es sind ja nur 3 Stunden – und den Flug nach Seattle zu streichen. Auch hier wurde wieder auf einen Retroclaim verwiesen. Ich konnte beobachten, wie andere Fluggäste diese Option wählten. Nach dem langen Flug wollte ich mir aber keine Autofahrt mehr zumuten und fing an, mir ein Hotel rauszusuchen. Last-Minute-Hotels in Vancouver sind echt nicht günstig. Am Ende habe ich dann noch ein Airport Hotel für 150€ gefunden.

Air Canada Q400 in Vancouver
Air Canada Q400 in Vancouver

Das Holiday Inn in Seattle hat mir die verfallene Nacht glücklicherweise nicht berechnet (hilfsbereitester Front Desk seit langem!), sodass ich auch ohne Rückerstattung von Air Canada damit hätte leben können. Auf den Claim wurde erst eine Weile nicht geantwortet, aber wenn man über Twitter mal nachfragt, geht’s plötzlich schnell. 😉 Aus Kulanz wurden mir 100 CAD, was 72€ entspricht, angeboten, wobei natürlich nochmal darauf hingewiesen wurde, dass Air Canada keine Schuld trägt. Find ich vom Betrag her in Ordnung, auch wenn so ein Pauschalbetrag wahrscheinlich in den seltensten Fällen die kompletten Kosten deckt.

Fazit

Man hat sich bei Air Canada um eine gute und schnelle Lösung bemüht. Bemüht meine ich tatsächlich in einem positiven Sinn. Abgesehen von der anfänglichen Verwirrung hat man die Lage schnell in den Griff bekommen. Mit den angebotenen Umbuchungen waren nicht alle Kunden zufrieden, aber andere Transportmöglichkeiten nach Seattle wie der Mietwagen wurden erstmal gerne akzeptiert. Klar, damit zieht sich Air Canada natürlich erstmal aus der Verantwortung. Mich würde mal interessieren, was dort zurückerstattet wurde, immerhin wurde ja der Flug nicht mehr angetreten. Die mir angebotenen 100 CAD gehen finde ich angesichts der Umstände noch in Ordnung.

Wer hat eine abstrusere Geschichte zu Flugstreichungen zu bieten? Das könnte amüsant werden!

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2 Kommentare

  1. Du hast 150 Euro für die Übernachtung gezahlt, aber nur knapp die Hälfte erstattet bekommen?
    Ich finde sehr wohl, dass Air Canada hierfür verantwortlich ist, schließlich hast Du doch die komplette Wegstrecke bei denen gebucht und somit ein Anrecht auf Beförderung. Wenn sie nun das letzte Teilstück nicht leisten können bzw. verschieben, müssen sie Dich doch ordentlich unterbringen.

    1. Der kanadische Verbraucherschutz ist leider nicht mit dem europäischen zu vergleichen. Die Airlines sind eigentlich nur dazu verpflichtet, sich an die auf ihren Websites kommunizierten Regeln zu halten – mehr nicht. Wie diese Regeln aussehen, ist egal. Air Canada fühlt sich zum Beispiel nur dazu verpflichtet zu zahlen, wenn sie direkt dafür verantwortlich sind. Die Situation mit der CBP ist für Air Canada schon keine direkte Verantwortung mehr. Darauf muss man sich in Kanada halt leider einlassen.

      Ich hatte insofern Glück, dass mir meine ursprünglich gebuchte Übernachtung in Seattle nicht berechnet wurde. Deshalb bin ich unter’m Strich auch mit den 100 CAD nicht schlecht weggekommen und habe die Situation für mich als „in Ordnung“ abgestempelt. Ich kann deinen Standpunkt komplett nachvollziehen, aber ich glaube die Kritik muss mindestens genauso laut an die kanadischen Behörden gehen.

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