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Liebe Airline, warum ist deine Webseite so schlecht?

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Ich liebe es ja, über schlechte IT-Systeme und über Iberia zu nörgeln. Am meisten liebe ich es, wenn ich beide Punkte in einem Beitrag kombinieren kann (so wie hier). Heute sollte wieder so ein Tag werden, aber beim Schreiben dieses Posts ist mir aufgefallen, dass das Problem eigentlich fast die ganze Branche betrifft.

Iberia will mich nicht einchecken lassen

Eigentlich wollte ich mir nur schnell die Bordkarten für meinen Iberia-Flug herunterladen, aber ich habe es immer noch nicht geschafft, die Check-in-Seite meiner Buchung aufzurufen. Ich bin es ja mittlerweile gewohnt, dass der Login auf iberia.com immer erst beim zweiten Versuch klappt. Die heutige Fehlermeldung ist aber hartnäckiger. Selbst meine mehrfach gesendete Akzeptanz des versagenden Seatmap Tarificators scheint die Website nicht zu interessieren.

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Während meines moderaten Wutanfalls ist mir aufgefallen, dass ich mit der alten Iberia-Webseite weitaus weniger Probleme hatte. Zwar war die Vorgängerversion auch weit von der Perfektion entfernt, aber die Verschlimmbesserung von Webseiten scheint in der Luftfahrtbranche irgendwie im Trend zu liegen.

Finnair modernisiert seine Webseite

Finnair zum Beispiel hat dieses Jahr ebenfalls eine neue Webseite eingeführt. Im Gegensatz zum alten Internetauftritt scheint diese auch etwas schneller zu laufen, aber da hören die positiven Neuigkeiten dann auch schon wieder auf.

Gut, fairerweise muss man sagen, dass Finnair die Themen Datenschutz, Privatsphäre und Spam sehr ernst nimmt. Schließlich habe ich selbst nach mehrfachen Anfragen beim Kundenservice noch nicht hinbekommen, dass ich von Finnair Marketing-Emails bekomme. Selbst Cookies kann die Webseite nicht erfolgreich setzen, und so muss ich bei jedem Besuch der Seite wieder meine Land- und Spracheinstellungen auswählen – selbst wenn ich eingeloggt bin.

Wie bei jedem Redesign üblich, wurde der neuen Version jegliche Funktionalität weggenommen. Für viele Anfragen (z.B. Buchung mit Punkten) wird man auf die alte Webseite verwiesen.

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Immerhin ist Finnair noch nicht ganz so stark auf dem Holzweg wie Iberia. Wer mal ein paar Minuten Zeit hat, kann ja mal probieren, bei Iberia zur Avios-Suchmaske zu kommen. Viel Spaß.

Die Hintergründe für die vielen Baustellen an der Webseite kann ich ja nachvollziehen. Viele Airlines haben über Jahre hinweg technical debt, also Technologieschulden, aufgebaut. Damit ist gemeint, dass Aufgaben besonders im IT-Bereich gerne auf die lange Bank geschoben werden, was langfristig oft in einem nur mäßig funktionierenden Flickenteppich aus Uraltsystemen endet. Das kann unter Umständen zu IT-Pannen führen (British Airways?) und kostet die Airline dann unterm Strich mehr als die ursprünglichen Upgrades, Entwicklungen usw. gekostet hätten.

So sind zum Beispiel Vielfliegerprogramme und Buchungssysteme oft nicht direkt verknüpft/integriert und kommunizieren über Schnittstellen, die eher als temporäre Lösung erdacht waren. Das könnte auch der Grund sein, warum die neue Finnair-Seite bisher kaum Funktionalitäten in Sachen Finnair Plus anbietet. Finnair Plus wird im Hintergrund an einem ganz anderen System hängen.

Bei LATAM hat mir sogar mal ein Mitarbeiter im Call Center erklärt, dass das der Grund für deren grauenhafte Webseite ist.

Die schöne neue Designphilosophie

Was ich aber überhaupt nicht verstehen kann, ist die neue Designphilosophie. Die Seiten bekommen einen super modernen Look, benötigen aber dafür aber 40 Megabyte an Javascript und jQuery Dateien. Dann werden die Seiten mit irgendwelchen Bannern und Popups überfrachtet, die aber natürlich nicht zeitgleich und erst nach 10 Sekunden vollständig geladen werden, sodass man aus Versehen auf die Hintergrundinformationen zum heutigen Schneesturm in Helsinki klickt, während man eigentlich schon die Buchungsmaske ausgefüllt hatte.

Anmerkung: Wie sollte man eigentlich eine Internetpräsenz gestalten? Natürlich so, wie es die Betreiber von motherfuckingwebsite.com erklären. 😉

Außerdem scheint es im Trend zu liegen, die Webseite für alle erdenklichen Endgeräte (insbesondere Tablets und Smartphones) zu optimieren. Da habe ich auch nichts dagegen, aber die Optimierung für mobile Endgeräte darf nicht zu Lasten der Desktopseite erfolgen. Zum Beispiel werden bei Easyjet viele Elemente wie z.B. das Popup zur Datumsauswahl von der Seite eingeflogen. Auf mobilen Geräten ist das eine tolle Lösung, aber auf der Desktopseite führt das doch nur zu unnötig langen Mauswegen. Eine ähnliche Entwicklung kann man leider auch bei Google Flights mit dem Seitenmenü beobachten.

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Um nochmal zu Iberias neuer Avios-Suchmaske zurückzukommen: Das Wegstreichen oder Verstecken von Features ist auch ein moderner Klassiker. Neulich habe ich eine ganze Weile damit verbracht, bei Google Flights den Explore-Modus mit der Karte zu finden. Dorthin kommt man jetzt nur noch, wenn man eine Suchanfrage ohne Ziel startet. Der Menüeintrag dazu ist aber irgendwie verschwunden.

Besonders für Power User wie Angestellte in der Touristikbranche, die solche Internetseiten tagtäglich für ihre Arbeit nutzen, muss das doch der blanke Horror sein, wenn ich als Endkunde aka. Otto Normalverbraucher schon so frustriert bin.

Geht es auch besser?

Natürlich. Ich bin ja immer noch ein großer Fan des ehemaligen Internetauftrittes der Air Berlin. Zwar hatte das dahinterliegende System viele Fehler, aber die Seite an sich war meiner Meinung nach eine der besseren im Branchenvergleich.

Selbst moderne Redesigns müssen nicht grauenhaft sein. Auch wenn ich weiter oben im Beitrag British Airways als Negativbeispiel für Technologieschulden aufgeführt habe, muss ich doch sagen, dass deren neuer Internetauftritt gelungen ist. Gerade in Anbetracht der Tatsache, dass die dahinterliegenden Systeme so katastrophal zu sein scheinen, zeigt British Airways sehr eindrucksvoll, dass das noch lange keine Ausrede für eine nahezu unbenutzbare Webseite ist.

Selbst dort liegt aber noch einiges im Argen. Die Seite rewardflightfinder.com, die eine Kalendersuche und eine Art Explore Modus für British Airways Prämienflüge bietet, wurde von einer Privatperson an einem Wochenende zusammengestellt und wird von British Airways nicht nur geduldet – die sind sogar glücklich darüber. Vielleicht hat es British Airways trotz des massiven IT Budgets einfach nicht auf die Reihe bekommen. Bei IAG würde mich das noch nicht einmal groß wundern.

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2 Kommentare

  1. 100% Zustimmung zu diesen Beobachtungen.

    Nicht wirklich eine Airline-Homepage, aber nicht weniger schlimm: M&M.com. Seit dem Redesign auf dem Desktop absolut unbrauchbar.

    LH-Management sollte mal weniger Kohle für die „disruptive“ Apps des Innovation Labs verbraten und eher mal schauen, dass Ihnen die Basics gelingen.

    1. Oh ja, Miles & More benutze ich nur selten, aber bei jedem Besuch der Seite hat sich wieder etwas verschlechtert. Es ist wirklich schade, dass man einerseits so vieles richtig macht (z.B. kann man jetzt bei Miles & More sehr viele Airlines online buchen), aber dann die Website so unbenutzbar macht.

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