Ist die Boeing 737 MAX sicher?
Nachdem gestern eine Boeing 737 MAX der Ethiopian Airlines kurz nach dem Start in Addis Abeba abgestürzt ist, haben viele Passagiere Bedenken hinsichtlich der Sicherheit des Flugzeugtyps. Schließlich verunglückte eine baugleiche Maschine der Lion Air am 29.10.2018 unter sehr ähnlichen Umständen.
Was ist die Boeing 737 MAX?
Die Boeing 737 ist mit über 10.000 ausgelieferten Flugzeugen das erfolgreichste kommerzielle Flugzeug der Welt. Die erste Generation der 737 wurde schon 1968 in Dienst gestellt. Seitdem wurde die 737 aber mehrmals aufwändig überarbeitet. Die meisten europäischen Airlines wie Ryanair und Norwegian betreiben momentan Flugzeuge der Baureihe Boeing 737 NG, die seit 1996 produziert wird.
Mit der 737 MAX gibt es allerdings seit 2017 eine noch modernere Variante dieses Flugzeugtyps. Die 737 MAX kommt mit neuen Triebwerken, aerodynamischen und strukturellen Verbesserungen sowie einem aufgefrischten Cockpit und einer überarbeiteten Kabine. Viele Elemente wurden aus der Boeing 787 (Dreamliner) übernommen. Bisher wurden etwa 350 Flugzeuge dieser Baureihe ausgeliefert.
Was genau ist bei den Abstürzen passiert?
Beim Absturz der Maschine der Lion Air weiß man zwar mittlerweile mehr oder weniger, was geschehen ist. Es gibt allerdings noch keinen offiziellen Abschlussbericht. Was den Ethiopian Airlines Flug angeht, so gibt es bisher nur Spekulationen.
In beiden Fällen zeigte die Auswertung der Flugdaten eine instabile Vertikalgeschwindigkeit vor dem Absturz, was als Anzeichen für Kontrollverlust gesehen wird. Beide Flüge stürzten kurz nach dem Start ab. Da offensichtlich keine anderen Faktoren wie schlechtes Wetter eine Rolle spielten, sehen viele Experten eine Verbindung zwischen den beiden Unfällen.
Im vorläufigen Bericht zum Absturz der Lion Air 737 wird das Maneuvering Characteristics Augmentation System (MCAS) als zentrales Element der Untersuchung aufgeführt. Anscheinend gab es Probleme mit den Sensoren, die Geschwindigkeit, Höhe und Anstellwinkel des Flugzeugs liefern. Das MCAS kam zu dem Schluss, dass die Gefahr eines Strömungsabrisses vorliegen würde und ergriff Schutzmaßnahmen. Dabei wurde die Nase der 737 vom MCAS wiederholt nach unten gedrückt, um die „fehlerhafte“ Fluglage zu korrigieren. Die Piloten konnten auf das falsche Eingreifen nicht richtig reagieren. Nach einem achterbahnähnlichen Auf und Ab stürzte die Maschine schlussendlich ins Meer.
Wie konnte das überhaupt passieren?
Es mag zunächst nach einem einfachen Pilotenfehler klingen. Schließlich kam die Untersuchung des Fluges AF447, bei dem die Flugcomputer von fehlerhaften Sensordaten verwirrt waren, zu diesem Ergebnis. Es ist jedoch etwas komplizierter.
Die Designänderungen geben der 737 MAX nämlich ein anderes Flugverhalten als die 737 NG. Aus Sicht der Airlines ist das ungünstig, da man dann die Piloten für viel Geld umschulen müsste und im schlimmsten Fall die Crews nicht völlig flexibel zwischen 737 NG und 737 MAX wechseln lassen könnte. Etwas vereinfacht gesagt entschied sich Boeing also dazu, mit dem MCAS (und anderen Maßnahmen) das vom Piloten gefühlte Flugverhalten der 737 MAX so anzupassen, dass sich das Flugzeug wie eine 737 NG anfühlt.
Das Flugzeug lässt sich also wie eine 737 NG bedienen und steuern, aber viele Hintergrundprozesse wurden radikal umgebaut. Dazu gehört auch, dass die Steuerung nicht mehr primär über Hydraulik sondern über Elektrik (Fly-by-Wire) funktioniert, wie es beim Konkurrenzmodell Airbus A320 schon seit Ende der 80er Jahre gehandhabt wird. Das erlaubt auch das erweiterte Eingreifen von Computern in die Flugsteuerung.
Die Schutzmaßnahmen vor Strömungsabrissen stellen einen solchen Eingriff dar. Dieses System wurde als notwendig erachtet, da die viel größeren Triebwerke der 737 MAX die Bedingungen für einen Strömungsabriss verändern.
Boeing hatte diese Änderungen gegenüber der 737 NG aber den Piloten nicht kommuniziert. Erst nach dem Absturz im Oktober 2018 veröffentlichte Boeing Informationen dazu. Jon Weaks, der Vorsitzende der Pilotengesellschaft der amerikanischen Southwest Airlines, zeigte sich verärgert darüber, dass dieses System in keinem Handbuch erwähnt wurde und anscheinend auch nicht richtig funktioniert:
We do not like the fact that a new system was put on the aircraft and wasn’t disclosed to anyone or put in the manuals. What’s more, [Boeing and the Federal Aviation Administration] have now warned that the system may not be performing as it should.
Es scheint, als wäre der Lion Air Flug noch trotz der Softwareaussetzer zu retten gewesen, wenn die Piloten von Boeing richtig geschult worden wären. Die richtigen Maßnahmen waren aber wie gesagt nicht im Handbuch beschrieben und sind zudem nicht intuitiv.
Die Piloten der Ethiopian Airlines Maschine waren sich dieser Entwicklungen sicherlich bewusst. Boeing hat Nachschulungen angeboten, an denen auch die Piloten der Ethiopian Airlines bestimmt teilgenommen haben. Allerdings gibt es weltweit nur vier Full Flight Simulatoren für die 737 MAX. Selbst große Airlines wie American Airlines haben keinen passenden Flugsimulator, da laut Zertifizierung ja ein Simulator für die NG reicht. Die entsprechende Situation lässt sich also für viele Piloten momentan nicht üben.
Ist die 737 MAX sicher?
Einige Länder wie China, Indonesien und die Mongolei haben fürs Erste ein Grounding der 737 MAX angeordnet. Ähnliche Maßnahmen wurden damals bei den Batterieproblemen der 787 ergriffen, weshalb ich das nicht für unnnötige Panikmache halte.
Ob die Probleme tatsächlich wieder mit dem MCAS zu tun haben, wird sich zeigen. In der Zwischenzeit ist das Motto „better safe than sorry“ sicher nicht falsch. Für Passagiere ist die 737 MAX aus meiner Sicht immer noch ein sicheres Flugzeug. Allerdings kann ich es verstehen, wenn man diesen Flugzeugtyp erstmal vermeiden möchte.
Sobald wir einen vorläufigen Bericht zum Absturz der Ethiopian 737 haben, werden wir diese Frage besser beantworten können. Bis dahin halte ich es für möglich, dass mehr Airlines oder Behörden ein Grounding für diesen Flugzeugtyp anordnen.
Fazit
Die Abstürze der 737 MAX sind definitiv besorgniserregend. Beim Absturz der 737 der Lion Air sah Boeing schon nicht gut aus. Falls auch dieser Absturz auf ähnliche Ursachen zurückzuführen ist, haben wir bei der 737 MAX ein ernsthaftes Sicherheitsproblem. Noch können wir dazu nichts sagen, aber ich halte es nicht für verrückt, die 737 MAX in der Zwischenzeit zu vermeiden – auch wenn es nur wegen einem unguten Gefühl ist.
Nach allem, was man bisher zu den Problemen mit der Boeing 737 Max gehört hat, kommt man zu dem Schluss, dass hier aus kommerziellen Erwägungen heraus die Flugsicherheit dieses Modells sträflich vernachlässigt wurde.Alle involvierten Prüfinstitutionen haben ihre Aufgaben nicht ernsthaft genug wahrgenommen.Es mussten ert mal wieder Menschen sterben, ehe die Verantwortlichen gehandelt haben. Mr. Muilenberg trägt dafür die verantwortung und sollte eigentlich seinen Hut nehmen.Stattdessen kommt von dort nur hinhaltendes Gesäusel und Schönreden der eigentlichen Katastrophe.Eigentlich ist das Modell tot, da aber dafür keine richtige Konkurrenzsituation besteht, ist man seites Boeing .nach wie vor in einer komfortablen Situation.Die Paar Stornierungen zahlt man aus der Portokasse und alles wird wieder gut, denn lazt dem Boeing CEO ist ja die aufgefrischte Oma 737 Max eigentlich ein sicheres Flugzeuig und wierd jetzt noch viel sicherer.Den Kunden und Passagieren wird nichts anders übrig bleiben damit zu Leben.
Letztendlich ist und bleibt es höchst unverständlich, ja schon skandalös, dass ein Flugzeughersteller das veränderte Flugverhalten der doch wesentlich veränderten Maschine (Triebwerke, veränderte Anbringung, MCAS-Software) NICHT im Manual/Handbuch DEUTLICH herausstellt und die FAA nicht ausgiebige ausgiebige Schulungen verlangt!
Nur damit die Fluglinien ihre Crews beliebig zwischen den älteren 737-Typen und der neuen Baureihe austauschen können, rechtfertigt IN KEINER WEISE diese Sicherheitslücke für Passagiere!!
Da hast du völlig Recht! Die ungenügende Dokumentation und fehlende Schulung seitens Boeing ist indiskutabel. Laut Boeing wurde das allerdings nach dem Unfall im Oktober 2018 geklärt. Ich glaube, die wichtigen Fragen sind jetzt: 1) Funktioniert das System so wie es soll? 2) Wenn das System so funktioniert wie es ausgelegt wurde, ist es dann für die Piloten mit entsprechender Schulung und Dokumentation immer beherrschbar?
Wenn man sich anhört, was 737 MAX Piloten dazu zu sagen haben, scheint es eine Mischung daraus zu sein. Das System setzt manchmal aus und diese sind in bestimmten Flugsituationen (kurz nach dem Start mit wenig Höhe) kaum zu korrigieren. Ich finde es unbegreiflich, dass die FAA und TC noch kein Grounding angeordnet haben.