Warum Flugzeugsitze so oft blau sind

In diesem Teil der Reihe Fliegen Erklärt möchte ich mal auf eine Frage eingehen, die weniger technisch ist. Vielleicht ist euch schon einmal aufgefallen, dass Flugzeugsitze oft in Blau- und Grautönen gehalten sind, auch wenn die Farbe eigentlich gar nicht in das Markenbild der Airline passt. Dahinter stecken zwei simple Gründe.

Dunkle Sitze wirken sauberer

Der erste Grund hat einfach nur mit der Sauberkeit der Kabine zu tun. Auf dunklen Oberflächen sieht man Schmutz und Flecken schlechter als beispielsweise auf weißen. Das ist euch sicher schon einmal bei Autos aufgefallen, denn gerade im Winter sehen weiße und silberne Fahrzeuge immer weitaus dreckiger aus als schwarze.

Zwar werden die Kabinen natürlich gereinigt, aber ein verschüttetes Glas Wein kann eben selbst nach der Reinigung noch sichtbare Flecken hinterlassen. Auf dunkleren Polstern fallen solche Dinge nicht so sehr auf.

Im Bereich der Kopfstütze findet ihr bei manchen Airlines ein weißes Tuch. Das ist ein Überbleibsel aus Zeiten, als Männer noch Unmengen an Haargel trugen. Viele Pomaden waren besonders ölig, sodass man auf Sesseln, Zugsitzen usw. ein Tuch in Höhe des Hinterkopfes hängte. Dieses verhinderte, dass die teuren Polster in Kontakt mit dem Haarprodukt kamen. Heutzutage ist dieses Problem nicht mehr so groß, aber einige Airlines hängen weiterhin ein solches Tuch an die Kopfstützen.

Oft wird das Tuch auch fürs Branding genutzt, beispielsweise um Sitze der Busines Class oder Sitze mit mehr Beinfreiheit optisch hervorzuheben. Da die allermeisten europäischen Fluggesellschaften auf der Kurzstrecke eine Business Class mit flexibler Größe anbieten, ist es besonders wichtig, eine schnell austauschbare Markierung für diese Sitze zu haben. Schließlich kann die Größe der Business Class auf jedem Flug unterschiedlich sein. Die Kopfstützentücher kann man innerhalb kürzester Zeit an alle Sitze anbringen, die auf diesem Flug zur Business Class gehören.

Blau wirkt beruhigend

Der zweite Grund ist psychologisch: Farben lösen Reaktionen in Menschen aus. Dabei sind nicht nur individuelle Erfahrungen bedeutend, sondern auch vererbte Überlieferungen unserer Urahnen. Wie ihr z.B. auf lichtkreis.at nachlesen könnt, assoziieren wir mit Blau Kälte. Blau symbolisiert den Himmel und die Ewigkeit und erinnert uns an physikalisch kalte Dinge wie Wasser und Eis. Rot dagegen assoziieren wir mit Wärme. Auch das ist naheliegend, schließlich ist Feuer rot.

Davon abgesehen verbinden wir im Marketing Farben mit bestimmten Eigenschaften. Blau steht für Verlässlichkeit und Sicherheit, was gerade bei einer Airline eine wichtige Assoziation ist (besonders im Hinblick auf Passagiere mit Flugangst). Darüber hinaus schreiben wir den Farben laut lichtkreis.at folgende Eigenschaften zu:

• Blau: Blau wirkt beruhigend und entspannend. Blau ist geeignet, um Stress und Hektik abzubauen.
• Gelb: Mit Gelb verbinden wir oft Neid, Verrat und Feigheit.
• Grün: Grün ist die Farbe der Mitte. Sie wirkt beruhigend, ohne zu ermüden.
• Orange: Orange spendet Kraft und fördert Aktivität.
• Rot: Rot wird oft mit Leidenschaft in Verbindung gebracht, denn Rot regt alle Vorgänge im Körper an. Die Leidenschaft ist aber ein zweischneidiges Schwert: Auf der einen Seite ist Rot die Farbe der Liebe, auf der anderen Seite macht Rot erwiesenermaßen aggressiv.
• Violett: Violett wirkt etwas mystisch. Die Farbe wird oft mit Spiritualität und Meditation in Verbindung gebracht.

Eine Fluggesellschaft möchte eindeutig lieber entspannte und ruhige Passagiere an Bord haben. Daher werden Farben wie Gelb, Orange und Rot bei den allermeisten Airlines nur als Akzentfarben verwendet. Selbst Air Berlin, deren Branding eindeutig auf der Farbe Rot basierte, setzte dunkelblaue Sitze mit roten Akzenten ein.

Einige Billigflieger setzen bewusst schrille Farben im Marketing ein, was sich teilweise bis in die Kabine zieht. Allerdings hat selbst Ryanair angefangen, das Quietschgelb aus der Kabine zu verbannen.

In den Premiumklassen sehen wir dagegen bei vielen Airlines hellere Töne. So sind die allermeisten First Class Sitze in Grau- oder Beigetönen gehalten. Einerseits ist das darin begründet, dass die Sitze weniger beschmutzt werden und das Reinigungsproblem nicht so gravierend ist. Andererseits kann man auch argumentieren, dass man das Premiumprodukt so visuell von der Economy Class abgrenzen kann und ein Gefühl der Exklusivität schafft.

Gerade im Bereich der Farbpsychologie wird im Kabinendesign viel geforscht und investiert. Viele Airlines haben inzwischen Mood Lighting installiert. Damit lassen sich Sonnenuntergänge und -aufgänge simulieren, um die Schlafqualität an Bord zu verbessern. Außerhalb der Nachtuhe kann die Kabine dann mit beruhigender Ambientebeleuchtung statt mit dem normalen weißen Licht erhellt werden.

Fazit

Eigentlich ist das Thema ziemlich simpel. Für mich ist es immer wieder interessant zu sehen, wie selbst vermeintliche Detailfragen wie die Farbe des Sitzpolsters tatsächlich praktische und psychologische Gründe haben.