Warum haben Flughäfen zwei verschiedene Codes?
Die meisten Vielflieger unter uns sind sicherlich mit den 3-Letter-Codes der großen internationalen Verkehrsflughäfen vertraut: Frankfurt ist FRA, New York – JFK ist JFK, Hongkong ist HKG usw. Wer sich mal auf YouTube Ausschnitte aus dem ATC-Funk angehört hat oder Luftfahrtkarten angesehen hat, wird festgestellt haben, dass es auch 4-Letter-Codes gibt: So ist Frankfurt auch EDDF, New York – JFK heißt auch KJFK und Hongkong ist VHHH. Woher kommen die beiden verschiedenen Bezeichnungen und wofür werden sie verwendet?
Die 3-Letter-Codes der IATA
Die 3-Letter-Codes stammen von der IATA (International Air Transport Association). Die IATA ist der 1945 gegründete Dachverband der Fluggesellschaften, welche sich hauptsächlich um Themen der kommerziellen Zivilluftfahrt kümmert. Sie erstellt beispielsweise Verkehrsprognosen, führt Statistiken, organisiert fast weltweit die Abrechnung von Flugtickets (über das IATA Clearing House auch zwischen Airlines) und definiert international anerkannte Standards, um die Prozesse und die Sicherheit in der Zivilluftfahrt aus Sicht der Airlines zu verbessern.
Einer dieser Standards ist der 3-Letter-Code für Flughäfen. Dieser wird zum Beispiel in Buchungssystemen, bei der Gepäcketikettierung usw. verwendet. Als Passagiere sehen wir diese Codes sehr häufig: Auf den Websites der Airlines und Reisebüros, auf unseren Bordkarten, auf unseren Koffern und oft sogar im Markenbild des Flughafens. Das Kürzel TXL ist zentraler Bestandteil des Logos des Flughafens Berlin-Tegel. Sogar eine der BVG-Buslinien, die den Flughafen mit der Innenstadt verbindet, heißt TXL.
Diese Codes sind auch sehr wichtig, um zwischen gleichnamigen Städten zu unterscheiden. Der IATA-Code BHM etwa gehört zum Birmingham–Shuttlesworth International Airport in Birmingham, Alabama. Der Flughafen der englischen Stadt Birmingham dagegen hat das Kürzel BHX.
Flughäfen sind aber längst nicht die einzigen Bestandteile der kommerziellen Zivilluftfahrt, die offizielle IATA-Kürzel bekommen: Einige wichtige Bahnhöfe wie der Züricher Hauptbahnhof (ZLP) bekommen ebenfalls IATA-Codes zugewiesen, um Produkte wie Rail & Fly reibungsloser zu gestalten. Die IATA-Mitglieder, die Airlines, bekommen ihre 2-Letter-Codes wie LH für Lufthansa oder JS für Air Koryo (ja, selbst die sind IATA-Mitglied). Ticketnummern beginnen mit dem IATA-Prefix der ausstellenden Airline (z.B. 745 für Air Berlin und NIKI, die mit AB und HG aber zwei verschiedene Airline-Codes hatten). Auch Flugzeugtypen werden kodiert.
Aber zurück zu den Flughäfen: Wer entscheidet denn, welches Kürzel verwendet wird? Zwar werden die Codes offiziell durch die IATA (Resolution 763) vergeben, jedoch haben die entsprechenden Flughäfen ein großes Mitspracherecht. Einige Kürzel sind recht selbsterklärend wie FRA für Frankfurt, SIN für Singapur oder JFK für New York – JFK. Andere dagegen passen aus historischen Gründen dagegen nicht ganz zum aktuellen Namen der Stadt oder des Flughafens:
- Der Flughafen von Sankt Petersburg hat den IATA-Code LED, welcher vergeben wurde, als die Stadt noch Leningrad hieß.
- Der Flughafen von Orlando hat den IATA-Code MCO, da er ehemals als McCoy Airforce Base betrieben wurde.
- Der Flughafen von Mumbai hat den IATA-Code BOM, da die Stadt zum Zeitpunkt der Vergabe noch Bombay hieß.
- Besonders im nordamerikanischen Raum wurden vor dem IATA-System oft Kürzel mit nur zwei Buchstaben verwendet, die beispielsweise durch Wetterdienste vergeben wurden. Der IATA-Code wurde dann durch das Hinzufügen eines weiteren Buchstaben erstellt (LAX für Los Angeles, PDX für Portland). In Kanada wurde dem alten Code oft ein Y vorangestellt (YVR für Vancouver, YUL für Montreal). Gerade in Kanada sind selbst die alten 2-Letter-Codes wirr: Wie kommt man von Toronto-Pearson auf YZ oder YYZ? Während sich der US-amerikanische Wetterdienst bei der Vergabe der Stationskürzel noch an den Städtenamen orientiert hat, hat das kanadischen Dienst nicht immer gemacht. Zwar ist VR ein logisches Kürzel für Vancouver, aber YC für Calgary eher weniger.
Für Metropolregionen werden teilweise neben den Codes der einzelnen Flughäfen noch Codes für die Region definiert. Vielen Fluggästen ist es schließlich egal, ob sie nach Newark, JFK oder La Guardia fliegen. Buenos Aires mit seinen Flughäfen Ezeiza (EZE) und Aeroparque (AEP) wird als BUE kodiert, New York als NYC, Tokio als TYO usw. Berlin ist aktuell als BER kodiert, wobei der Code später für den neuen Hauptstadtflughafen BER verwendet werden soll – nachdem man festgestellt hatte, dass der ursprünglich vorgesehene IATA-Code BBI (Berlin-Brandenburg International) schon in Verwendung ist.
Die 4-Letter-Codes der ICAO
Die anderen Codes stammen von der ICAO (International Civil Aviation Organization). Die ICAO wurde 1944 gegründet und hat wie auch die IATA ihren Sitz in Montreal. Die ICAO-Mitglieder sind nicht Airlines, sondern Staaten. Die Organisation beschäftigt sich mit Themen, die verschiedene Teilnehmer der Luftfahrt (Flughäfen, Airlines, Behörden, Flugsicherung, Hersteller usw.) betreffen: Verkehrsrechte, Umweltschutz, Infrastrukturen sowie Luftfahrtstandards und -richtlinien.
Die ICAO-Codes für Flughäfen, Airlines und Flugzeugtypen werden vor allem im Flugbetrieb verwendet, beispielsweise in Luftfahrtkarten, in der Kommunikation zwischen Piloten und Flugsicherung usw. Die ICAO-Flughafencodes gliedern sich ein in ein globales Kartensystem, das neben Flughäfen auch Area Control Center (ACC), An- und Abflugrouten, Navigationshilfen wie VORs und Luftstraßen sowie viele weitere Elemente definiert. Die 4-Letter-Codes sind Location Indicators und müssen nicht zwangsweise einen IATA-Code haben (viele Heliports, Flugplätze und Militärflugplätze haben keine IATA-Codes) – es muss nicht mal ein Flugplatz sein. Der Flughafen von Zaragoza (ZAZ) hat den ICAO-Code LEZG, aber in Zaragoza gibt es noch die ICAO-Locations LEZM (Wetterstation) und LEGN (Militär). Woher stammen also diese Codes?
- Der erste Buchstabe ist der AFSRA-Code. AFSRA steht für Aeronautical Fixed Service Routing Area und bezieht sich auf definierte Regionen mit Stimmen- und Datennetzwerken für die Kommunikation in der Luftfahrt. Europa hat zum Beispiel die Codes E (Europe) und L (Europe, Mediterranean). Nicht alle definierten Locations sind an das AFS-System angebunden (Heliports usw.).
- Der zweite Buchstabe ist der Staat oder das Territorium innerhalb der AFSRA. In der AFSRA E gibt es beispielsweide D für Deutschland, in der AFSRA L gibt es E für Spanien usw., während der Code D in der AFSRA V (East and West Asia) beispielsweise für Kambodscha steht.
- Die letzten beiden Buchstaben werden so vergeben, dass man eine eindeutige Bezeichnung für jedes Communication Centre hat. Hierbei wird noch Rücksicht genommen auf die Existenz von Aeronautical Fixed Telecommunication Stations und etwaigen Tributary Stations, sodass zum Beispiel der Flughafen Madrid-Barajas den ICAO-Code LEMD und die dazugehörige Wetterstation den ICAO-Code LEMC hat (AFSRA L, State E, Communication Centre M).
Diese Codes können im Luftfahrthandbuch (AIP) im Kapitel 2.4 des jeweiligen Staates nachgelesen werden. In Hongkong (AFSRA V, State H für Hongkong bzw. M für Macao) werden beispielsweise folgende Locations definiert:
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VHHH: Hong Kong International
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VHHK: Hong Kong FIR
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VHSK: Sek Kong
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VHSS: Sheung Wan / Sky Shuttle Heliport
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VMMC: Macao International
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VMMH: Macao Heliport
Nicht alle dieser Locations sind Flughäfen im klassischen Sinn. Vielmehr wurden drei Communication Centres definiert (H, S und M). VHSS ist ein Heliport, VHHK bezeichnet lediglich die Flight Information Region (FIR) Hong Kong – landen kann man dort aber nicht.
Wie ihr seht, können einer AIS-Stelle (Aeronautical Information Services) mehrere States und Territories einer oder mehrerer AFSRAs gehören. Während Festlandspanien als LE kodiert ist, sind die Kanarischen Inseln als GC kodiert – für beide ist aber die spanische ENAIRE als AIS-Dienstleister zuständig.
Für das Aera Control Center Canarias werden (wie in jedem anderen ACC) Sektoren für die Flugsicherung definiert, welche sich ebenfalls an den ICAO Location Indicators orientieren. Hier seht ihr zum Beispiel den Sektor GCCCRNE, welcher zum Canarias FIC/ACC (ICAO: GCCC) gehört.
In den AFSRAs K (USA außer Alaska und Hawaii) und C (Kanada) weichen die Location Indicators ein bisschen von der Norm ab. Die Flughäfen sind dort für gewöhnlich als K/C+IATA-Code definiert, also CYVR für Vancouver, KEWR für Newark usw. Eine genaue Liste mit allen Location Indicators in den USA findet ihr hier. Seattle hat beispielsweise die Codes KZSE (Seattle FIR) mit den Flughäfen KSEA (Seattle-Tacoma Intl) und KBFI (Boeing Field).
Die ICAO definiert auch Airline-Codes z.B. für Flugsicherungswecke (DLH – Lufthansa, BER – Air Berlin, IBE – Iberia etc.) und Codes für Flugzeugtypen, beispielsweise zur Lärmklassifizierung.
Fazit
Die 4-Letter-Codes betreffen uns als Passagiere kaum. Es ist denke ich ganz interessant zu wissen, dass es zwei verschiedene Systeme gibt und welche Unterschiede zwischen den IATA-Codes und den ICAO-Codes bestehen.