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Wie würde mein ideales Vielfliegerprogramm aussehen?

American Airlines 777

Am Freitag habe ich darüber berichtet, dass Prämienflüge bei Miles & More teurer werden. Bei der Bewertung der Änderungen ist mir aufgefallen, dass Miles & More wie auch viele andere Programme einige ganz fundamentale Dinge aus meiner Sicht falsch macht. In diesem Beitrag möchte ich mal ein Gedankenspiel durchgehen, in dem ich mir das „ideale“ Vielfliegerprogramm zusammenbaue.

American Airlines 777
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Ein paar grundlegende Überlegungen

Das Wort ideal soll in diesem Zusammenhang heißen, dass das Programm die Kundenbindung und damit den Umsatz der dahinterstehenden Fluggesellschaft maximiert. Ich habe das Gefühl, einige Programme sehen ihren eigenen Auftrag inzwischen darin, selbst möglichst viel Gewinn abzuwerfen. Das ist meiner Meinung nach gerade im Low-Cost-Bereich ein legitimer Ansatz, denn in diesem Preissegment wird man kaum Loyalität aufbauen können, da der Kunde nur auf den Preis schaut. Wenn man dann die umsatzstärksten Kunden mit Cashback o.ä. belohnt, macht man die Airline für Geschäftskunden etwas attraktiver, ohne dabei den No-Frills-Kern zu verlieren.

Bei einer Netzwerkairline aber ist dieser Ansatz meiner Meinung nach nicht zielführend, wenn man ihn nicht mit dem Loyalitätsgedanken verbindet. Zwar kann man natürlich bis zu einem bestimmten Punkt über den Preis, das Netzwerk selbst und das Bordprodukt konkurrieren, aber gerade in diesem Segment kann man eine irrationale Loyalität aufbauen. Ich bin zum Beispiel früher grundsätzlich auch innereuropäisch mit Air Berlin geflogen, soweit es denn vertretbar war, weil man über das Vielfliegerprogramm topbonus tolle, realistisch erreichbare Prämien wie Business Class Upgrades und Freiflüge auf der Langstrecke bekommen konnte. Diese Art von Prämien kann easyjet nicht anbieten.

Nun ist es aber so, dass die meisten Netzwerkairlines zu einem großen Teil von Geschäftsfliegern abhängig sind. Hier sehe ich momentan zwei verschiedene Meinungen:

  1. Wer wegen der Reiserichtlinie der Firma mit uns fliegt, braucht kein Loyalitätsprogramm, denn er muss mit uns fliegen. Kunden mit einem bestehenden hohem Umsatz müssen nicht überproportional belohnt werden. Wir wollen versuchen, die restlichen Geschäftsflieger an uns zu binden. Dabei wird es uns helfen, dass Programm vor allem am anderen Ende des Spektrums interessant zu gestalten, d.h. der unentschlossene Geschäftsreisende soll uns auch für seinen Privaturlaub in der Economy Class attraktiv finden.
  2. Wer viel Geld bei uns lässt, wird belohnt. Wir müssen uns besonders darum kümmern, die lukrativen Großaufträge von Firmen mit Reiserichtlinien zu behalten bzw. auszubauen. Apple gibt zum Beispiel 150 Mio. Dollar jährlich bei United Airlines aus. Es ist wichtig, diese Kunden zufriedenzustellen.

Momentan nutzen viele Programme einen etwas unklaren Mischmasch der beiden Extreme. So hat Miles & More erst kürzlich familienfreundliche Regelungen wie das Meilenpooling eingeführt. Andere Programme bieten an, den Status während der Elternzeit auch ohne Flüge zu behalten. Dann gibt es eine Reihe von Programmen, die Economy Class Flüge auf Eigenmetall mit 100% der geflogenen Meilen vergüten.

Auf der anderen Seite scheint der Trend immer weiter in RIchtung umsatzbasierte Prämienmeilenvergabe und dynamische Prämienflugpreise zu gehen. Dieses System favorisiert eindeutig Kunden mit hohem Umsatz und belohnt diese überproportional, während Kunden mit vergleichsweise geringem Umsatz oft frustriert sind angesichts der geringen Meilenausbeute, den teuren Prämienflügen und mangelnden Verfügbarkeiten. Gleichzeitig wird das Programm um unzählige sinnlose Bodenpartner erweitert, um das Vielfliegerprogramm für Wenigflieger interessant zu machen.

Meiner Meinung nach kann man beide Ansätze gleichzeitig nutzen, wenn man sie denn richtig integriert. Ein Programm aber, das nur Flieger mit hohem Umsatz belohnt, um ihnen dann nur Prämien aus dem Worldshop anbieten zu können, ist Käse.

topbonus VISA Card privat
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Statusvergabe

Der Vielfliegerstatus ist für mich die zentrale Säule eines jeden Vielfliegerprogramms. Es muss deutlich werden, dass der Status auch für Business Class Flieger nicht wertlos ist. Außerdem sollte der Status zwar eine gewisse Exklusivität haben, um Lounges nicht zu überfüllen usw. Dennoch ist es wichtig, dass auch loyale Economy Class Flieger eine realistische Chance haben, den Status zu erreichen.

Mein Vorschlag sieht folgendermaßen aus:

  • Zwei offizielle Statuslevel ähnlich wie bei Miles & More. Dort ist erstens auch der FTL durch den Loungezugang etwas Wert und zweitens ist der SEN auch für Business Class Flieger durch die besseren SEN-Lounges ein Upgrade. Der völlig wertlose Ruby-Status bei Oneworld kann entfallen. Allianzweite Statusvorteile dürfen sich gerne an der Star Alliance orientieren, sollten aber nach Möglichkeit vereinheitlicht werden, was z.B. Sitzplatzreservierungen und Freigepäckbestimmungen angeht.
  • Ein inoffizielles Statuslevel mit Einladung für Kunden mit besonders hohem Umsatz. Die Leistungen können ähnlich wie beim HON aussehen, also z.B. ein persönlicher Assistent, Nutzung von sehr exklusiven Loungebereichen usw. Die Assistenzleistungen können auch für besonders große Firmenverträge angeboten werden.

Ein Status sollte folgendermaßen erreicht werden können:

  • Die Regeln zum Statuserhalt werden so einfach und transparent wie möglich ausgelegt, also keine rollierenden Quali-Zeiträume usw.
  • Man darf sich mit Segmenten oder Statusmeilen qualifizieren. Sowohl Segmente als auch Statusmeilen werden je nach Buchungsklasse vergeben, d.h. ein Business Class Flug zählt als 2 Segmente, ein Economy Flug gibt weniger Statusmeilen als ein Business Class Flug etc. Segmente zählen allianzweit, allerdings müssen mindestens 4-8 Segmente mit der eigenen Airline geflogen werden. Ich denke, die etablierten Grenzen von ~30.000-50.000 Meilen/30-50 Segmenten bzw. ~100.000 Meilen/70-90 Segmente gehen in Ordnung.
  • Die genaue Vergabe von Segmenten und Meilen muss natürlich kalibriert werden, aber das System von Finnair klingt für mich sehr fair. Promotarife geben 25%, Basictarife geben 50% und Valuetarife geben 100% der Statusmeilen. Der Preisunterschied zwischen den Klassen ist nicht so hart, dass sich ein Economy Class Fluggast von der Idee eines Status verabschieden muss, während man trotzdem noch sehr günstige Tarife anbieten kann.
  • Ein unregelmäßiges Flugverhalten kann durch den Tausch von Prämienmeilen zu Statusmeilen abgefedert werden. Während der Elternzeit verfällt der Status nicht.
  • Ein moderater Mindestumsatz kann definiert werden, um Error Fare Jäger fernzuhalten. Der Mindestumsatz sollte aber durch Kreditkarten verringert werden können.
Singapore Airlines A380 Business Class
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Prämienmeilen sammeln und einlösen

Das System zum Sammeln von Prämienmeilen sollte definitiv nicht komplett umsatzbasiert sein, muss aber teurere Buchungsklassen stärker belohnen als günstigere. Einen der großen Unterschiede zwischen Vielfliegerprogrammen und Cashbackprogrammen sehe ich darin, dass eine Prämienmeile keinen eindeutig ersichtlichen Geldwert hat. Wenn man sowohl auf beim Sammeln als auch beim Einlösen schnell ausrechnen kann, was eine Meile überhaupt wert ist, werden die Kunden eher rationale Entscheidungen treffen, als wenn das nicht der Fall ist.

Prämienmeilen sollten also auch meilenbasiert vergeben werden. Um umsatzstarke Fluggäste zu belohnen, können jährliche Umsatzmeilensteine mit Bonusmeilen oder umsatzbasierte Promotions angeboten werden.

Das Programm sollte im Heimatland möglichst viele Bodenpartner haben, dabei aber den Kern eines Vielfliegerprogramms nicht verlieren. Miles & More ist hier mit Payback gut dabei, aber vielleicht sollte man sich eher auf Finanz- und Mobilitätspartner statt auf Partner im Einzelhandel fokussieren. Auf der Einlöseseite mangelt es aber an Bodenpartnern. Der Miles & More Worldshop ist indiskutabel. Stattdessen sollte man sich meiner Meinung nach auf folgende Punkte konzentrieren:

  • Meilen einlösen für einzigartige Events und Erlebnisse (z.B. Konzert mit Backstagepass, Lufthansa-Flugsimulator)
  • Meilen für Automieten, Hotels usw. einlösen

Eventuell könnten diese Einlösemöglichkeiten auch als Pauschalreisen angeboten werden. Wie wäre es mit Flug nach London für 2 Personen, Übernachtung in Hotel X und Konzertbesuch von Band Y mit Autogrammstunde für nur Z Meilen? Besonders einzigartige Events können auch versteigert werden.

Vielleicht könnte man so das Programm auch für Leute interessanter gestalten, die nur beruflich fliegen und ihre Meilen lieber bei Bodenpartnern ausgeben. Die normalen Sachprämien kann man gerne weiterhin anbieten, aber wie wäre es denn mal mit einzigartigen Sachprämien, für die man bieten kann? Ich denke da an Kunst, signierte Gitarren oder im Handel sonst nicht erhältliche Produkte wie Möbel, die aus ausgemusterten Kabinenelementen hergestellt werden.

Das aktuelle System mit der Meilentabelle finde ich gut. Ich würde allerdings die Steuern und Gebühren komplett streichen und stattdessen einen Schieberegler à la Cash and Miles einführen, bei dem man selbst entscheiden kann, ob man mehr Meilen und dafür weniger Geld ausgeben möchte oder lieber mehr zuzahlt, aber dafür weniger Meilen ausgibt. Außerdem sollte sich die Airline verpflichten, eine Mindestanzahl an Sitzen pro Flug für das Vielfliegerprogramm bereitzustellen. British Airways macht das schon heute so.

Fazit

Viele der von mir vorgeschlagenen Ansätze existieren schon in einigen Programmen. Es gibt aber meines WIssens nur wenige Programme, die diesen Spagat aus umsatzbasierter Belohnung und Loyalitätssteigerung gut hinbekommen. Ein ideales Vielfliegerprogramm würde sich klar als Vielfliegerprogramm definieren und nicht versuchen, Wenigflieger zu begeistern. Dabei müssen aber verschiedene Arten von Vielfliegern zufriedengestellt werden, was mit dem Trend hin zu umsatzbasierten Systemen kaum der Fall ist.

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